Es nützt nichts, Rückstände auf Dauer zu ignorieren. Tipps, wie man sich aus der Finanzfalle befreit

Mahnungen flattern ins Haus, Raten können nicht mehr bezahlt werden, die Schuldenflut scheint nicht mehr beherrschbar. Was man tun kann, um aus den Rückständen herauszukommen oder gar nicht erst in die Schuldenfalle zu geraten, erklärt Cordula Koning, Projektleiterin der Schuldnerberatung der Diakonie Hamburg.

1. Welche Warnzeichen deuten auf eine Schuldenkrise?

Schon ein ständig überzogenes Girokonto ist ein ernst zu nehmendes Signal. Abgesehen davon, dass es hohe Zinsen kostet, ist kein Reservoir mehr für plötzlich anfallende Kosten vorhanden. Zudem kann die Bank den Dispo eines Girokontos von einem auf den anderen Tag kündigen. Schon hier besteht also Handlungsbedarf und erst recht dann, wenn die Schulden so hoch sind, dass die Begleichung der Grundversorgungskosten, wie Miete oder Strom, gefährdet ist.

2. Was ist der Unterschied zwischen Ver- und Überschuldung ?

Verschuldet ist praktisch jeder von uns. Wir alle haben Verträge, etwa mit Vermietern, Telefongesellschaften oder Versicherungen. Der Vertragspartner hat bereits eine Vorleistung erfüllt, für die wir noch die Bezahlung schuldig sind. Solange diese überschaubar und bezahlbar bleiben, ist das kein Problem. Wenn allerdings das Einkommen nicht mehr reicht, um die laufenden Kosten zu decken, dann spricht man von Überschuldung.

3. Was sind die häufigsten Auslöser für eine Überschuldung?

Als Hauptursache gilt die Arbeitslosigkeit. Aber auch eine Scheidung und die damit verbundenen Unterhaltszahlungen können das vorhandene Budget zusätzlich belasten. Oder die längere Arbeitsunfähigkeit nach Krankheit oder Unfall.

4. Woran erkennen Außenstehende, wenn jemand Schulden hat?

Leider ist es ein großes Tabu, über Schulden zu sprechen. Vielen Menschen ist es peinlich, oder sie machen sich selber Vorwürfe. Selbst in Partnerschaften kommt es vor, dass ein Partner dem anderen gegenüber seine Schulden verschweigt. Ein wichtiges Indiz für Schulden ist, wenn sich jemand ständig Geld leihen muss.

5. Wie kann man sich vor Überschuldung schützen?

Es ist wichtig, sich einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Am besten hält man sein Budget und seine Kosten in einem Haushaltsbuch fest. Zur Kalkulation gehören auch Rücklagen für unerwartete Ausgaben, wie etwa die Stromnachzahlung. Zudem sollte man bei Zahlungsverpflichtungen die Raten nicht so hoch ansetzen, dass kein finanzieller Puffer mehr bleibt.

6. Wie kann die Schuldnerberatung helfen?

In der Notfallsprechstunde geben die Berater erste Informationen, etwa über die Rechte des Schuldners. Er hat einen gesetzlichen Anspruch darauf, die Geldeingänge auf seinem Girokonto bis zu einem Freibetrag zu schützen. Dafür muss er sein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln. So bleibt ihm ein Grundbetrag für Miete, Strom, Nahrung, erst Geldeingänge darüberhinaus dürfen gepfändet werden.

Die Schuldnerberatung leistet auch moralische Unterstützung, denn oftmals führt die Situation zu einer psychischen Belastung. Die Betroffenen ziehen sich zurück, öffnen keine Briefe mehr und verschlimmern damit ihre Situation. Dabei ist es wichtig, schon bei den ersten Anzeichen einer Überschuldung zu handeln und die Beratung zu suchen.

7. Welche Möglichkeiten des Schuldenabbaus gibt es?

An erster Stelle steht der Versuch, mit den Gläubigern zu verhandeln, wie die Schulden abgetragen werden können. Bei vorübergehender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann eine Stundung vereinbart werden, bei überschaubaren Beträgen auch eine Ratenzahlung. Bei einem Vergleich wird ausgehandelt, wie viel der Schuldner dem Gläubiger überhaupt zahlen kann. Wenn länger keine Perspektive besteht, dass der Schuldenbetrag je abgezahlt werden kann, kommt die Verbraucherinsolvenz in Betracht.

8. Was ist beim Insolvenzverfahren zu beachten?

Es ist ein gerichtliches Verfahren, das über verschiedene Zeiträume laufen kann. Ein Insolvenzverwalter übernimmt die Aufstellung über die Forderungen der Gläubiger und das verwertbare Vermögen des Schuldners. Wenn es pfändbare Beträge gibt, werden sie an die Gläubiger ausgeschüttet. Ziel ist es, nach der sogenannten Wohlverhaltensperiode des Schuldners meist von sechs Jahren von den Restschulden befreit zu werden. Nur die Kosten des Verfahrens werden noch weitere vier Jahre lang eingefordert.

9. Es gab gerade Änderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren – sind die sinnvoll?

Insolvenzzeiten können nun auf fünf oder sogar drei Jahre verkürzt werden. Allerdings müssen dann in jedem Fall die Verfahrenskosten gezahlt werden, das sind bei einer Verkürzung auf fünf Jahre etwa 2000 Euro, bei drei Jahren sind mindestens 35 Prozent der Forderungen und die Verfahrenskosten zu zahlen. Das können die meisten Schuldner nicht leisten. Sinnvoller wäre es gewesen, die Zeiten für diejenigen zu verkürzen, die nicht mehr arbeiten können, eine Rente beziehen.

Schuldnerberatung Diakonie, Königstr. 54, Anm. und Beratung Tel: 30 62 03 85 (Di und Do 10–12 Uhr), tägliche kostenlose Notfallsprechstunde: Mo, Di, Do, Fr 10–12 Uhr, Mi 11–13 Uhr, weitere Infos: www. schuldnerberatung-hamburg.de