Die bremer shakespeare company ist schon zum dritten Mal bei den Privattheatertagen dabei. Das Geheimnis ihres Erfolges

Es gibt offenbar gute Gründe, die bremer shakespeare company zu den Privattheatertagen einzuladen. Bereits zum dritten Mal ist die Truppe dabei, die sich moderne Anverwandlungen von William Shakespeare auf die Fahnen geschrieben hat. 2012 trug sie mit „Ein Sommernachtstraum“ den Monica-Bleibtreu-Preis in der Kategorie Komödie nach Hause. 2013 gewann sie erneut den Preis, und zwar in der Kategorie Moderne Klassiker mit „Richard III“. Diesmal tritt sie mit „Romeo und Julia“ in der Regie von Nora Somaini an. Es muss also etwas Besonderes auf sich haben mit diesem Theater.

Es war das Jahr 1983, als sieben Schauspielerinnen und Schauspieler die bremer shakespeare company als selbstverwaltetes Theater gründeten. Von Anfang an galten neben der Beschäftigung mit Shakespeare und der Aufführungstradition besondere Gesetze. Dazu zählen der Verzicht auf die vierte Wand zum Zuschauer und auf ein naturalistisches Bühnenbild. Man pflegt kleine, häufig gegengeschlechtlich besetzte Ensembles. Außerdem werden eigene Übersetzungen erstellt.

Die company nähert sich dem Autor Shakespeare bewusst heutig

Ihre jährlich mehr als 200 Veranstaltungen und 50 Gastspiele erarbeitet die Company mit rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf und hinter der Bühne. Tatsächlich bietet sie das größtes Shakespeare-Repertoire auf dem europäischen Kontinent. Das Geheimnis des Erfolges liegt wohl darin, dass sich die bremer shakespeare company dem Autor bewusst zeitgenössisch nähert. Also mit der Wahrnehmung und Reflexion heutiger Menschen. „Wir inszenieren Bilder der Welt, die Shakespeare für uns skizziert hat, interpretieren die Figuren, die Shakespeare erfunden hat, und erfreuen uns an dieser großen, substanziellen und schöpferischen Fantasie“, lautet das Credo. Die Volksnähe wird noch verstärkt dadurch, dass die Schauspieler viel mit den Zuschauern kommunizieren, sie persönlich begrüßen und verabschieden, sogar ihre Programmhefte im Foyer veräußern.

In dieses Konzept fügt sich „Romeo und Julia“ ganz hervorragend. Regisseurin Nora Somaini hat die 400 Jahre alte Geschichte von den jungen Liebenden, die wegen ihrer verfeindeten Familien erst im Tod zueinanderfinden, in eine Klinik für psychisch Kranke verlegt. Die Stadt Verona leidet an Ängsten und unerfüllten Sehnsüchten. Die Kämpfe der verfeindeten Familienclans werden in innere Störungen der Patienten übersetzt. Der Mangel an Liebe schmerzt, aber auch jener an Liebesfähigkeit. Ein Phänomen, das die Schweizer Regisseurin in unserer Gesellschaft verstärkt beobachtet. Aber wer weiß, wenn die gestressten und ausgebrannten Manager erst mit den Mitteln des Psychodrama die Macht der bedingungslosen Liebe entdecken, besteht vielleicht Hoffnung auf Heilung.

Im Jubiläumsjahr brachte die company ihre 123. Premiere heraus

In diesem Jahr hat die seit 2013 am Leibnizplatz residierende bremer shakespeare company besonderen Rückenwind. Allerorts werden die 450 Jahre des Dichters und Schauspielers Shakespeare mit Neuinszenierungen gefeiert. Landauf, landab bevölkern die Republik Könige, Mohren, Prinzessinnen und Kaufleute aus Venedig. Ende April brachte die bremer shakespeare company ihre 123. Premiere heraus.

Natürlich lebt die company von der anhaltenden Popularität ihres Namensgebers. Bis heute sind Shakespeares Stücke so beliebt, weil sie sich an ein breites Publikum richten, schon zu seinen Lebzeiten sowohl den Adel als auch das einfache Volk bedient haben und von Intellektuellen wie Analphabeten verstanden und geschätzt wurden. Seine außergewöhnlich vielschichtigen und vielgestaltigen Werke zeichnet eine universelle Gültigkeit aus. Und schon der große Heiner Müller hat gesagt: „Wir sind bei uns nicht angekommen, solange Shakespeare uns die Stücke schreibt.“ Dieser Punkt dürfte noch lange nicht erreicht sein. Ein Glück für uns Zuschauer. Und auch für das Theater.

bremer shakespeare company: „Romeo und Julia“ So 22.6., 20.00, Altonaer Theater