Können Sie sich vorstellen, wie es wohl ist, für die Gesellschaft um einen herum nicht wirklich existent zu sein? Wenn man quasi unsichtbar ist und sich nicht traut, andere Menschen anzusprechen, aus Angst vor den verschreckten oder vielleicht sogar angeekelten Gesichtsausdrücken? So fühlen sich manche Außenseiter der Gesellschaft – isoliert, unverstanden, schrecklich allein. Es gibt Menschen in Hamburg, die nicht mehr wissen, was ein geregeltes Leben ist, deren Familie sich abgewandt hat, deren Lebenslauf sie stigmatisiert. Die die Spielregeln der Gesellschaft verlernt oder vielleicht nie gelernt haben. So geht es manchen Obdachlosen, Drogensüchtigen oder auch Ex-Häftlingen. Auch Langzeitarbeitslose fühlen sich oft alleingelassen.

Alle haben ein Anrecht auf eine zweite Chance im Leben. Aber der Weg zurück in die Gesellschaft ist manchmal unglaublich schwer, wie wir in den Interviews zu unserem Schwerpunktthema festgestellt haben. Gerade Menschen, die über viele Jahre am Rande gelebt haben, schaffen es meistens nicht ohne fremde Hilfe. Wie der Ex-Häftling Michael Klesper, der fast zwei Jahrzehnte nur die Regeln des Gefängnisses kannte und nun durch einen Verein wieder sozialisiert wird. Mich haben besonders die Worte des ehemaligen Obdachlosen Dieter Sehring berührt, der beschrieb, wie schön er es fand, in einem Laden mit Hausfrauen über die Lebensmittelpreise zu sprechen. Das zeigt, wie etwas für uns völlig Normales zu so etwas Besonderem werden kann.

Sich zugehörig fühlen, einer Arbeit nachzugehen – sei sie haupt- oder ehrenamtlich – und eine Wohnung zu haben, das sind die wichtigsten Attribute, die gesellschaftliche Teilhabe ausmachen. Wenn nur ein oder zwei Attribute fehlen, droht das Abseits. Gut zu wissen, dass es kirchliche Stellen gibt, die dann helfend zur Seite stehen.

Ihre Sabine Tesche