Jeffrey Tate bringt Engelbert Humperdincks Oper „Königskinder“ konzertant auf die Bühne

„Königskinder“ von Engelbert Humperdinck, diese im Repertoire lange so sträflich vernachlässigte und erst in den vergangenen Jahren allmählich wiederentdeckte Oper, ist eine Herzensangelegenheit von Jeffrey Tate, dem Chefdirigenten der Hamburger Symphoniker. Etwas Schöneres und Besseres als die Tatsache, dass das 1. Internationale Musikfest Hamburg sich in einem seiner Themenschwerpunkte der konzertanten Oper widmet, hätte ihm also gar nicht passieren können.

Denn so reiht sich die von Tate schon lange angestrebte Erarbeitung dieses Werks, das doch in einem ganz regulären Abonnementskonzert des Orchesters zur Aufführung gelangt, unverhofft als eines der Schmuckstücke in die Serie konzertanter Opernaufführungen ein, die das Hamburger Publikum in diesem Frühjahr zu sehen, vor allem natürlich zu hören bekommt. Die Besetzung der Hauptpartien mit Michaela Kaune (Gänsemagd), Michaela Schuster (Hexe), Brenden Gunnell (Königssohn) und Jochen Schmeckenbecher (Spielmann) verspricht exquisites Sängertheater. Hinzu kommen mit dem Tölzer Knabenchor eines der weltbesten Kindervokalensembles und die Internationale Chorakademie Lübeck.

Wer Märchenoper sagt, muss Engelbert Humperdinck sagen – und meint doch meist vor allem dessen Welterfolg „Hänsel und Gretel“. Die „Königskinder“ sind das musikalisch eindeutig gewichtigere Werk; eine ausgewachsene Oper, deutlich dem großen Vorbild Richard Wagner Reverenz erweisend, dem Humperdinck assistierend gelegentlich zur Hand gehen durfte und dessen Tod er lange nicht verwand. Volksliedhaftes taucht nur als Zitat auf („Ri-ra-rutsch“, „Ringel, ringel, Rosenbusch“), nicht, wie bei „Hänsel und Gretel“, als gestaltendes Element. Das Libretto schrieb Elsa Bernstein, die unter dem Männernamen Ernst Rosner publizierte. Sie erzählt eine Geschichte, in der märchenhafte Gestalten und Motive erscheinen, doch ein Märchen liegt ihr nicht zugrunde. Es geht um Liebe und Identitätsfindung, Macht und Ohnmacht, und um die Klugheit der Kinder.

Uraufgeführt wurde „Königskinder“ 1910 an der Met in New York. Schlusspunkt einer höchst bewegten Entstehungsgeschichte, in deren Verlauf Humperdinck das Werk vom ursprünglichen Melodram mit Sprechgesang zur regulären Oper weiterentwickelte und zudem stark in die Gestalt des Librettos eingriff. Der Erfolg war prompt, doch kurzlebig.

´Jetzt wird das suggestiv instrumentierte Stück auf deutschsprachigen Bühnen wieder öfter gezeigt, etwa in Zürich mit Jonas Kaufmann oder in Frankfurt mit Daniel Behle als Königssohn. Tates konzertante Fassung dürfte den Blick schärfen helfen für die musikhistorische Bedeutung des Werks; als Bindeglied zwischen Wagners „Tristan“ und Alban Bergs „Wozzeck“.

Königskinder, 18.5., 19.00 Laeiszhalle, Karten zu 10,- bis 75,- unter T. 35 76 66 66