Was „NDR Das Alte Werk“ kommende Saison bringt

Faustina Bordoni war im 18. Jahrhundert eine weltberühmte Mezzosopranistin. Verheiratet war sie, der Name ließe es nicht ahnen, mit einem Bergedorfer. Mit ebendiesem Johann Adolph Hasse, seines Zeichens Komponist und zu Lebzeiten genauso ein Star wie seine Frau, hatte die heute weltberühmte Mezzosopranistin Vivica Genaux wiederum ihren Karrieredurchbruch: Der Barockpapst René Jacobs engagierte sie als junge Frau für Hasses Oper „Solimano“.

In der Reihe „NDR Das Alte Werk“ schlüpft Genaux kommende Saison in die Haut ihrer Vorgängerin. Auf der Bühne der Laeiszhalle stellt sie mit der Sopranistin Simone Kermes und der Cappella Gabetta unter der Leitung von Andrés Gabetta gleichsam die Mutter aller Zickenkriege nach: Bordoni und ihre Konkurrentin, die Sopranistin Francesca Cuzzoni, überzogen einander ständig mit Intrigen; als Händel die beiden einmal gemeinsam an sein Londoner Opernhaus engagiert hatte, gipfelten die Rivalitäten in einer Schlägerei auf offener Bühne. In Hamburg garnieren die Beteiligten die Schlammschlacht mit italienischen Arien vom Allerfeinsten, und Hasse darf natürlich auch nicht fehlen.

Alte Musik ist eben alles andere als staubig, sie ist so bunt wie das Leben selbst. Die Abonnementskonzerte schreiten auch in der Saison 2014/15 den Wirkungskreis dieses Repertoires ab, das viel zu vielgestaltig in Herkunft und Entstehungsgeschichte ist, als dass man im Ernst von einer einzelnen, geschlossenen Epoche sprechen könnte.

Eine ganze Oper bringen der fabelhafte junge Cembalist und Dirigent Maxim Emelyanychev und sein Ensemble Il Pomo d’Oro auf die Bühne der Laeiszhalle. Die beiden Countertenöre Xavier Sabata und Max Emanuel Cencic und eine ganze Riege weiterer feiner Sänger singen die Partien in der konzertanten Aufführung von Händels „Tamerlano“. Und René Jacobs höchstpersönlich kommt mit dem Helsinki Baroque Orchestra und belauscht Johann Sebastian Bach dabei, wie er bei sich selber abschreibt; Parodieverfahren nannte man das, und es funktionierte erstaunlicherweise von weltlich nach geistlich genauso wie umgekehrt. Deshalb störte sich damals niemand daran, dass Bach seine Kantate „Herkules auf dem Scheidewege“ kurze Zeit später als Blaupause für sein Weihnachtsoratorium nutzte.

Die französische Geigerin Amandine Beyer und ihr Ensemble Gli Incogniti entführen das Publikum nach Italien zu Arcangelo Corelli, dem die Geiger ein riesiges Œuvre an faszinierenden, virtuosen, stilprägenden Werken verdanken. Der Geiger Gunar Letzbor und Ars Antiqua Austria verneigen sich vor dem nicht weniger bedeutenden österreichischen Geiger und Komponisten Heinrich Ignaz Franz Biber und führen eine Auswahl aus dessen „Rosenkranz-Sonaten“ vor, ein haarsträubend anspruchsvolles Gipfelwerk der Geigenliteratur und zugleich ein Manifest des Glaubens.

Lebensfreude und Gottesfurcht gehören eben gleichermaßen zur Alten Musik. Da ist es nur folgerichtig, wenn Philipp Ahmann, der NDR Chor und das Ensemble B’Rock den Bogen vom Instrumentalwerk zur Kirchenmusik schlagen. Sie kommen mit einem reinen Telemann-Programm in die Laeiszhalle: Nach der Suite g-Moll und dem Konzert c-Moll für Streicher und Soloinstrumente erklingt das Passionsoratorium „Der Tod Jesu“, das Telemann 1755 schrieb. In Hamburg übrigens.

NDR Das Alte Werk 2014/15 – die Abo-Termine:

Il Pomo d’Oro, Maxim Emelyanychev 22.9.14

Helsinki Baroque Orchestra, René Jacobs 29.10.14

Cappella Gabetta, Andrés Gabetta 26.11.14

Gli Incogniti, Amandine Beyer 28.1.15

B’Rock, NDR Chor, Philipp Ahmann 24.2.15

Ars Antiqua Austria, Gunar Letzbor 29.4.15

Alle Konzerte 20.00, Laeiszhalle. Weitere Konzerte, Infos, Tickets und Abos unter T. 44192192 oder www.ndrticketshop.de