Zwei Programme in der Opera stabile mit zeitgenössischer Musik

Als Sohn einer Sängerin und eines Chorleiters hat Aribert Reimann von Haus aus ein Faible für die menschliche Stimme. Sein Vokalschaffen übertrifft die Zahl seiner Instrumentalwerke bei Weitem. Von 1974 bis 1983 unterrichtete er zeitgenössisches Lied an der Hamburger Musikhochschule. 1987 wurde ihm der Hamburger Bach-Preis zuteil. In der Spielzeit 2011/12 nahm die Hamburgische Staatsoper seine Oper „Lear“ (1978) ins Repertoire. Mit der szenischen Collage zweier Gesangswerke Reimanns ging die Reihe „Black Box 20_21“ Ende 2012 in der Opera stabile an den Start.

Zur Wiederaufnahme seines „Lear“ im Mai lockt die Opera stabile am 22. April mit einem Gesprächskonzert, das ihm Gelegenheit gibt, zu zeigen, was er unter „schöpferischer Aneignung“ versteht. Wie Franz Liszt einst Schuberts Lieder für Klavier solo transkribierte, um das Publikum auf den Geschmack zu bringen, so übertrug Reimann Lieder von Brahms und Liszt in ein neues Klangmilieu. Eigens für Viktor Rud bearbeitete er sieben Lieder Liszts für Bariton und Streichquartett. Ähnliches wagte er mit den „Ophelia-Liedern“, die Brahms 1873 für die Darstellerin einer Prager Hamlet-Inszenierung schrieb. Von vier Streichern begleitet, setzt sich Ida Aldrian (Mezzosopran) für den Zyklus ein, den die Forschung als Gelegenheitswerk abtut. Purer Reimann hingegen – und für Countertenor Andrew Watts wie geschaffen – sind fünf Lieder nach Gedichten von Paul Celan.

Dem literarischen Mythos der Ophelia, die an der Lieblosigkeit der Welt zerbricht und dem Wahn verfällt, spürt eine neue Ausgabe der Reihe „Black Box 20_21“ nach, die am 11. Mai Premiere feiert. Die Dramaturgen Kerstin Schüssler-Bach und Francis Hüsers ersannen abermals eine szenische Collage, in der sich Musik und Literatur wechselseitig erhellen. Der Abend konfrontiert die Autobiografie des Dramatikers, Erzählers und Lyrikers Heiner Müller (1929–1995) mit drei Gesangswerken: den Heiner-Müller-Liedern für Tenor und Klavier von Wolfgang Rihm, den „Hamlet-Echos“ für Sopran, Viola und Klavier von Christian Jost und dem Langgedicht „Ophelia“ von Wolfgang Hilbig (1941–2007), das Georg Katzer für Sopran und Violoncello vertont hat. Petra Müller inszeniert, die Gesangsrollen teilen sich Kammersängerin Gabriele Rossmanith und Bariton Kay Stiefermann. Mit von der Partie sind zwei Schauspielerinnen und ein Mime. Sie stehen für Shakespeares tragisches Figurenpaar und seine Brechung im Leben und Dichten Heiner Müllers.

Gesprächskonzert Aribert Reimann 22. 4., 19.30, Opera stabile. Karten zu 10,- unter T. 356868 „Ophelia_HM“ 11., 13., 16., 18. 5., jeweils 20.00, Opera stabile. Karten zu 10,- bis 15,- unter T. 356868