Der exzentrische Cameron Carpenter traktiert sein digitales Instrument im Mojo Club

Cameron Carpenters sehnlichster Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Endlich kann der Tastenvirtuose auf einer digitalen und transportablen Orgel spielen und ist nicht mehr dazu gezwungen, in Kirchen und großen Konzertsälen aufzutreten. Die Hightech-Lautsprecher können den Klang konventioneller Pfeifenorgeln reproduzieren, er kann an die jeweilige Akustik angepasst werden, und der Klang ist sofort da – anders als bei der Kirchenorgel, bei der ein Ton erst erklingt, wenn die Luft in der Pfeife angekommen ist. Mit diesem in Boston gebauten Instrument kann der Amerikaner herumreisen und an vielen Orten spielen, die ihm bisher verschlossen waren.

Beim Musikfest spielt er am 15. Mai unter der Erde, im Mojo Club an der Reeperbahn. Ein passender Ort für den Paradiesvogel, der ähnlich viel Aufmerksamkeit für sein Bühnenoutfit verwendet wie für seine spielerischen Qualitäten. Oft betritt er die Bühne in hautengen, glitzernden Anzügen voller Svarovski-Steine. Selbst seine hochhackigen Schuhe sind mit Strass beklebt. Carpenter ist Showman und Virtuose gleichermaßen, er ist schon als der „Horowitz der Orgel“ gelobt worden, er selber sagt von sich: „Ich will der Rachmaninow der Orgel werden.“

Geboren wurde Carpenter 1981 in Pennsylvania als Sohn eines Ofenbauers. Schon früh erhielt er Tanz- und Musikunterricht. Sein Vater kaufte ihm eine Hammond B 3 Orgel und stellte sie in seinem Laden auf. Dort übte der Teenager und spielte auf dem Jazz- und Rockinstrument barocke Kompositionen von Buxtehude und Bach. „Es herrschte eine besondere Atmosphäre, denn nebenan waren Männer, die Metall verarbeiteten. Es war besser, dort zu üben als in einer Kirche“, sagt Carpenter. Während seines Studiums transkribiert er mehr als 100 Werke für Orgel, darunter Mahlers 5. Sinfonie und Klavierwerke von Chopin, Schumann, Liszt und natürlich Rachmaninow.

Seit Jahren lebt Carpenter mit seinem Freund in Berlin, wo auch eine seiner beiden digitalen Orgeln stehen. Sein Hamburger Programm ist dem Mojo Club angemessen, Barock oder Klassik wird nicht erklingen. „Cabaret“ nennt der Orgel-Hexer den Abend. Spielen will er Alexander Skrjabins Sonate Nr. 4 Fis-Dur op. 30 – der russische Pianist und Komponist gilt als Vorläufer der Zwölftonmusik. Richard Rodgers’ Ballettmusik zu „Slaughter On Tenth Avenue“ ist ebenso angekündigt wie Improvisationen zum Animationsfilm „Die Rache des Kameramanns“ aus dem Jahr 1912 sowie eine Auswahl an Songs. Vielleicht spielt Carpenter dann Musik von Kate Bush oder Leonard Cohen. Beide zählen zu seinen Pop-Favoriten.

Cameron Carpenter, 15.5, 21.30, Mojo Club, Karten zu 23 Euro unter T. 35 76 66 66