Philharmoniker verführen mit Berg, Zemlinksy, Chopin

Verführung: Ein Motto, das Fragen aufwirft und schlüpfrige Gedanken anlockt. Wen, wozu, wohin – verführen? Weg von dort, wo er oder sie ist, so viel steht fest. Das Ziel mag weniger sicher sein. Nicht immer ist es das Bett. Beim Beitrag der Philharmoniker Hamburg zum Internationalen Musikfest jedoch steht dieses Bett als Ort erfüllter oder musikalisch sublimierter Sehnsucht aller drei Komponisten, deren Werke das Programm des Konzerts bilden, im Zentrum. Alban Berg unterhielt eine heiße Affäre mit Hanna Fuchs, die mit einem anderen verheiratet war. Alexander Zemlinsky umgarnte mit einigem, jedoch nicht finalem Erfolg Alma Schindler, die Femme fatale des Wiener Jugendstils und spätere Gattin von Gustav Mahler und Franz Werfel. Frédéric Chopin schließlich trachtete glücklos nach Intimität mit Konstantia Gladowska, einer Gesangsstudentin vom Warschauer Konservatorium.

Der Zwölftöner Alban Berg widmete seine „Lyrische Suite“ offiziell zwar Alexander Zemlinsky, der Arnold Schönberg Kompositionsunterricht erteilt hatte. Das verschwiegene Programm jedoch, für den Notenkundigen dechiffrierbar durch das Spiel mit den Initialen A-B-H-F, galt Bergs Liebe zu Hanna Fuchs. Der Komponist arbeitete 1928 drei der sechs Sätze für Streichorchester um. Diese Fassung spielen die Philharmoniker.

Der frankokanadische Pianist Louis Lortie, im klassisch-romantischen Repertoire ebenso zu Hause wie in der zeitgenössischen Musik, ist der Solist bei Chopins Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op. 1. Das Werk, so sah es Chopin selbst, gibt wie das etwa zeitgleich entstandene zweite Klavierkonzert F-Dur im langsamen Satz dem intensiven Sehnen des schüchternen Virtuosen nach der blonden, von Franz Liszt für liebreizend und schön erklärten Constantia Ausdruck.

Nach der Pause schwelgen die Musiker unter der Leitung ihrer Chefdirigentin Simone Young in der Sinfonischen Dichtung „Die Seejungfrau“ von Zemlinsky. Die Fantasie für Orchester entstand 1903 und wurde zwei Jahre später uraufgeführt. Sie ist eine echte Rarität. denn das zweite Mal erklang sie erst 1984; 79 Jahre später.

9. Philharmonisches Konzert 11.5., 11.00, 12.5., 20.00, Laeiszhalle. Karten zu 10,- bis 48,- unter T. 35 76 66 66