Mit Propst Johann Hinrich Claussen über neue Ansichten zu seinem Beruf als Pastor

Meistens eile ich durch den Tag, einigermaßen hektisch von einer Sache zur nächsten. Ich weiß selbst nicht genau, warum das so ist. Es könnte an meiner Bedeutsamkeit liegen, aber auch an einer irgendwie tiefer begründeten Kopflosigkeit. Vor Kurzem wollte ich es einmal anders angehen. Ich hatte tatsächlich keine Eile. So schlenderte ich sehr rechtzeitig vom Pastorat zu meiner Kirche. Auf dem Weg traf ich Johnny, einen kleinen Freund. „Wohin gehst du?“, fragte er. „Zur Kirche“, antwortete ich. „Machst du da Pastor?“ Ich stutzte, dann sagte ich: „Ja, da mache ich wohl Pastor.“ Dabei war es ein Nachmittag mitten in der Woche, und kein Gottesdienst stand an. „Und was machst du?“, fragte ich. „Ich gehe schwimmen“, freute sich Johnny. Dazu hätte ich auch Lust gehabt. Ich wünschte ihm viel Spaß und ging weiter. Aber er rief mir noch einmal hinterher: „Machst du jetzt wirklich Pastor?“

Während ich weiterging, fragte ich mich, was ich eigentlich mache, wenn ich Pastor mache. Bevor ich zu einem Ergebnis kam, traf ich beim Altpapiercontainer einen Nachbarn, der mir stets der ausgeglichenste Pensionär der Welt zu sein scheint. Da ich es, wie gesagt, nicht eilig hatte, fragte ich ihn nach dem Geheimnis seines Glücks. Er erzählte mir, wie er sich auf den Ruhestand vorbereitet hatte: Eine Woche lang hatte er sich allein aufs Land verzogen, nachgedacht und alles aufgeschrieben, was ihn beruflich umgetrieben hatte und was er in der zukünftig freien Zeit tun wollte. Wenn er heute einmal nicht wüsste, was er machen sollte, würde er einfach die alte Liste hervorholen. Ich hoffe, dass ich mich an diese Methode erinnere, wenn es bei mir so weit ist.

Dann hatte ich eine Besprechung. Die war in Ordnung, doch so richtig weiß ich nicht, ob ich dabei Pastor gemacht habe. Anschließend ging ich zur nächsten Bäckerei. Eigentlich wollte ich mir nur ein schnelles Brötchen holen. Aber ich traf dort eine alte Freundin. Vor fast genau einem Jahr, erzählte sie mir, war es gewesen, dass sie ihre schreckliche Diagnose erhalten hatte. Eine extreme Krankengeschichte hatte sich angeschlossen. Jetzt stand sie vor mir. Also bestellten wir uns einen ausgeruhten Kaffee mit Kuchen und feierten nachträglich ihr neues Leben. Als ich schließlich nach Hause ging, dachte ich mir: Ich sollte häufiger Pastor machen.