Wecker, Instagram, Facebook, Navigationshilfe: ein kleines Gerät mit vielen Funktionen und hohem Suchtpotenzial. Es sollte Momente geben, in denen man das Smartphone einfach mal verschwinden lässt.

Die Weckfunktion meines Smartphones lässt mich um 6.30 Uhr hochschrecken. In diesem Moment verfluche ich es. Mein erster Blick gilt dennoch meinem Smartphone.

Nicht nur das. Ich widme ihm meine komplette Aufmerksamkeit. Was gibt’s Neues auf Facebook? Habe ich neue Nachrichten bei WhatsApp? Oder hat jemand während der vergangenen Nacht ein neues Bild bei Instagram gepostet? Sogar das Checken von „Wer war wann zuletzt online?“ gehört mittlerweile zu meinem morgendlichen Ritual. Leider kann mein Smartphone noch keinen Kaffee servieren, und das Zähneputzen übernimmt es auch noch nicht. Ich muss es kurz beiseitelegen.

Bevor ich allerdings so weit bin, einen weiteren Schultag zu beginnen, kommt mein Smartphone wieder zum Einsatz. Es soll mich mithilfe von Google Maps über die Staus in der Stadt informieren, und die Fahrzeit zur Schule soll es mir auch vorhersagen.

In der Schule herrscht allgemeines Handyverbot, die Finger davon lassen kann ich bis zum Schulschluss um 15.15 Uhr trotzdem nicht. Und so werfe ich in jeder Pause einen Blick in die sozialen Netzwerke. Habe ich Freundschaftsanfragen? Auf dem Schulhof unterhält man sich über Leute, die man persönlich gar nicht kennt, jedoch auf jeden Fall schon mal online gestalked hat.

Meine Mitschüler kennen dank sozialer Netzwerke meine Familie und meinen Freund und wissen besser als ich, wie alt seine Freunde sind, wo sie zur Schule gehen und wo sie wohnen, ohne sie je persönlich gesehen zu haben.

Sowieso weiß jeder, wo sich wer rumtreibt, was wer macht und wann wer zu Hause ist. Man sieht sich am Wochenende zwar nicht mehr persönlich im Club, aber man weiß dank Verlinkungen, wer auch sonst noch dort ist. Der Beziehungsstatus wird täglich geändert, sodass jeder auch genauestens mitbekommt, bei wem es gerade kompliziert ist oder wer sich getrennt hat.

Manchmal wissen Leute, von denen man eigentlich nichts weiter als den Vornamen kennt, schneller Bescheid als die in der Beziehung steckenden Person, dass es vorbei ist.

Private Bilder werden gepostet, in der Hoffnung auf möglichst viele „Likes“ und Kommentare. Diese Sucht nach Aufmerksamkeit ist wie eine Eigenwerbung, und wenn diese nicht das gewünschte Interesse hervorruft, löst es bei vielen sogar Selbstkritik und -zweifel aus.

Vor wenigen Jahren habe ich mich noch über so etwas aufgeregt. Und dann erwischte ich mich dabei, dass auch ich mein Handy kaum noch aus der Hand lege. Ich bekenne mich also mittlerweile ebenfalls zu den „Ohne mein Smartphone kann ich nicht leben“-Leuten.

Erschreckend ist, dass ich nicht die Einzige bin, der es so geht, sondern nur eine von vielen. Gehörten vor Jahren hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene zu dieser Gruppe, kann man heutzutage immer mehr Leute aus allen anderen Lebensabschnitten dazuzählen.

Und so kommt es, dass man beim Beobachten anderer Leute in Cafés, Bars oder Restaurants sieht, dass sie kaum noch in der Lage sind, persönlich miteinander zu kommunizieren. Stattdessen sitzen sie an einem Tisch zusammen und beschäftigen sich nicht miteinander, sondern mit ihren Handys.

Aus eigener Erfahrung kenne ich die Panikattacke, die Menschen befällt, wenn sie das Smartphone mal kurz verlegt haben oder wenn der Akku die kritische 20-Prozent-Marke erreicht hat. Mit geringer werdendem Akku sinkt auch meist die Stimmung.

Das schon fast krankhafte Verhalten führt dazu, dass ich Menschen der älteren Generation dafür bewundere, dass sie in der Lage waren, ohne Smartphone zu kommunizieren, ihr Leben zu planen, Wege zu finden, sich dem Wetter entsprechend zu kleiden, sich zu beschäftigen, die Uhrzeit zu lesen und vieles mehr.

Um es drastisch und mit den Worten der Schauspielerin Megan Fox auszudrücken: „Wir leben in einer Welt, in der es schlimmer ist, sein Handy zu verlieren als seine Jungfräulichkeit.“ Und obwohl diese Dinger maßgeblich das Leben erleichtern und ich es mir gar nicht mehr ohne vorstellen kann, sollte es Momente geben, in denen man es einfach mal verschwinden lässt.