Interview: Mustafa spricht mit seinem Schulkamerad Edris über den Alltag als Asylbewerber

Als meine Familie und ich 1994 aus Afghanistan nach Hamburg flüchteten, hatten wir Glück im Unglück. Es war für uns eine Erleichterung, dass wir fortan unter friedlichen Bedingungen und ohne Angst leben konnten. Dennoch mussten wir uns im Asylbewerberheim zu viert ein Zimmer teilen, eine Küche mit drei Familien, und duschen konnte man nur in Gemeinschaften. Bei Behörden mussten wir bei jedem Besuch viele Stunden lang warten, bis wir mit unseren Anliegen an der Reihe waren.

Seit 20 Jahren lebe ich nun in Hamburg. Heute besuche ich das Wirtschaftsgymnasium City Nord. Es gibt an der Schule speziell für jugendliche Flüchtlinge mehrere Migrationsklassen, wo außer Deutsch auch andere Fächer unterrichtet werden. Die Schüler, die in diesen Klassen unterrichtet werden, leben unter Bedingungen, die ich schon hinter mir habe.

Edris ist 17 Jahre alt. Er kommt aus Afghanistan und geht in eine der Migrationsklassen. Seit knapp zwei Jahren lebt Edris in Deutschland. Er hat sich bereit erklärt, mir für das Hamburger Abendblatt Fragen zu seiner Lebenssituation in Deutschland zu beantworten. Ehrgeizig hat Edris auf alle meine Fragen geantwortet – und zwar immer auf Deutsch.

Hamburger Abendblatt:

Ich kenne dich aus den Pausen, wie geht es dir?

Edris:

Mir geht es gut, danke.

Wie stehst du in der Schule?

Edris:

Ganz okay. Ich habe leider noch Probleme mit der deutschen Sprache.

Was würdest du gerne machen, wenn du mit der Schule fertig bist?

Edris:

Ich würde gerne eine Ausbildung im IT-Bereich machen.

Was machst du in deiner Freizeit?

Edris:

Ich mache viel Sport, am liebsten boxe ich, um mich zu entspannen.

Wie kam es dazu, dass du nach Deutschland flüchten musstest?

Edris:

In Afghanistan konnte ich nicht mehr zur Schule gehen. Die Menschen leben dort in Angst, weil täglich Bomben hochgehen. Ich weiß nicht, ob meine Eltern noch leben.

Lebst du alleine in Deutschland?

Edris:

Ich bin mit meinem kleinen Bruder hierher geflüchtet, sonst habe ich hier niemanden.

Wo wohnt ihr derzeit?

Edris:

Wir leben momentan im Asylbewerberheim in Wandsbek.

Müsst ihr euch das Essen selber zubereiten oder kocht jemand für euch?

Edris:

Anfangs haben wir immer draußen gegessen, aber jetzt haben wir gelernt, selber zu kochen, da es viel zu teuer ist, jeden Tag auswärts zu essen.

Gefällt es dir denn hier?

Edris:

Es ist hier sehr schön, ich habe viele neue Freunde gefunden, nur sind wir ohne meine Eltern trotzdem sehr einsam und es ist für uns sehr schwer ohne sie. Wir sind auf uns alleine gestellt und müssen viel Verantwortung übernehmen. Das ist nicht immer einfach für uns.

Wie lange dauert euer Aufenthalt in Deutschland noch?

Edris:

Leider nur noch sechs Monate. Wenn wir nach diesen sechs Monaten keinen verlängerten Aufenthalt bekommen, müssen wir zurück nach Afghanistan.

Edris, ich bin dir sehr dankbar, dass du dir Zeit genommen hast. Ich wünsche dir und deinem Bruder alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.

Edris:

Danke.