Eine Ringvorlesung über Carl Philipp Emanuel, den „Hamburger Bach“

Der Name Bach braucht kein Attribut, er bedarf keiner weiteren Erläuterungen. Wann immer er irgendwo fällt, ist klar, um wen es geht: um Johann Sebastian natürlich, den vermutlich größten Komponisten aller Zeiten.

Es erscheint kaum vorstellbar, dass es Zeiten gegeben hat, in denen der Thomaskantor gründlich aus der Mode gekommen war. Wer in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Bach sprach, der meinte eben nicht Johann Sebastian, sondern dessen zweitältesten Sohn Carl Philipp Emanuel. Der war zu Lebzeiten der berühmteste Pianist und Komponist Europas. Auf dem Zenith seines Ruhms lebte er in Hamburg. 20 Jahre lang bekleidete er als Nachfolger Telemanns den Posten eines Kirchenmusikdirektors für alle Hauptkirchen, er liegt in der Michel-Krypta begraben.

Anlässlich seines 300. Geburtstags am 8. März 2014 finden in der Hansestadt eine Reihe von Konzerten und Veranstaltungen zu Ehren des „Hamburger Bach“ statt. Die Musikhochschule geht unterdessen voraus: Unter der Überschrift spürt seit Oktober die Gender-Ringvorlesung „Der ,große Bach‘ – Profile eines Originalgenies“ in Vorträgen und Konzerten einem Künstler nach, der die Musik revolutionierte und zugleich überaus liebenswürdig und weltlichen Genüssen zugeneigt war. Konzipiert haben sie die Musikwissenschaftlerin Beatrix Borchard, die Gleichstellungsbeauftrage Martina Bick und das Studio für Alte Musik. Nicht von ungefähr wirft die Reihe also einen besonderen Blick auf ihr Thema: „Es beginnt ja schon damit, dass in der Darstellung des Bachschen Stammbaumes in der Krypta des Michels keine Frauen vorkommen“, erläutert Borchard.

Bachs Tonsprache stand für die neue Empfindsamkeit; sie ist entschieden emotional. Kühne Harmonien und jähe Umschwünge lassen die oft wie gesprochene Rede klingen. Seine Verehrer pilgerten zu ihm. Eines Morgens stöberte ein junger Journalist Bach im Morgenmantel auf: Matthias Claudius, heute ein Hamburger Säulenheiliger.

Postum ereilte Philipp Emanuel, wie er in der Familie genannt wurde, übrigens dasselbe Schicksal wie den Vater: Er wurde vergessen. Bis heute ist Carl Philipp Emanuel Bach ein Fall für Kenner und Liebhaber. Der Tourismus muss ihn noch entdecken.

Die nächsten Veranstaltungen: Carl Philipp Emanuel Bach und das Hamburger Publikum 26.11. Die Frauen der Bach-Familie 3.12. C.P.E. Bach in seinen Liedern 10.12. Das musikalische Frauenzimmer 7.1. Sara Levy und die an sie gerichteten Kompositionen C.P.E. Bachs 14.1. Der fingierte Prozess von Joseph Martin Kraus gegen C.P.E. Bach 21.1. Der „zweyte Theil“ der Clavierschule C.P.E. Bachs 28.1. Alle Termine um 18.00 im Mendelssohnsaal der Musikhochschule. Eintritt frei