Dem Michel ging es gar nicht gut: Rost fraß sich in den Stahl aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Brand von 1906, die Stäbe an der Balustrade mussten ersetzt werden, Kupferhalterungen hatten sich aus dem weichen Bimsstein gelöst, die gesamte Elektrik musste erneuert werden, das Vordach brauchte eine neue Kupferdecke, die Fahrstuhlführungen waren angerostet, und der Erzengel Michael musste restauriert werden. Gesamtkosten: acht Millionen Mark bis Ende 1995.

Das ist aus eigener Kraft nicht zu schaffen, stellte der umtriebige Michelpastor Helge Adolphsen fest, wir brauchen Hilfe. Natürlich hätten die Hamburger ihrem Michel geholfen, so wie der unbekannte Mann, der 1983 vier Millionen Mark spendete, aber es sollte eine besondere Idee sein. Und der natürliche Partner für eine solche Aktion war und ist in unserer schönen Stadt das Hamburger Abendblatt.

Auf dem Neujahrsempfang 1994 gab es ein erstes Gespräch, dann reifte die Idee: Die Hamburger sollten in ihre Schatztruhen greifen und dem Michel ein besonderes Geschenk machen: eine alte Taschenuhr, ein kleines Gemälde, den Besteckkasten von der Oma, den Feuerwehrhelm von anno Tobak, die Miniatureisenbahn, den Original-Strandkorb von Buhne 7 oder die Chippendale-Couch. Die besten 750 Stücke kämen dann auf eine Auktion, die anderen würden auf einem gleichzeitig stattfindenden Flohmarkt verkauft.

Partner wurden gesucht und gefunden: Die Hamburger Sparkasse sorgte für die Finanzierung, die NDR Hamburg-Welle und das NDR-Regionalmagazin „Hamburger Journal“ kamen mit ins Boot, und Experten sorgten für den reibungslosen Ablauf: Flohmarkt-Urgestein und Kuriositäten-Guru Otto Sopha erklärte sich bereit, die Stücke zu sichten und zu bewerten, Auktionator Manfred Struck aus Bönningstedt brachte sie an die neuen Besitzer. Die Aktion „Hamburg macht mit“ stand.

Die Abendblatt-Leser wurden nun aufgefordert, ihrem Michel ein Geschenk zu machen, und das Abendblatt, Rundfunk und Fernsehen berichteten ausführlich, fast täglich, wer nun was anschleppte. Die Namen der Spender wurden im Abendblatt veröffentlicht, und so kam alles schnell ins Rollen.

Der erste Michelmarkt war bereits ein toller Erfolg und spülte eine siebenstellige Summe in die Baukasse. Aber noch waren die Kosten nicht gedeckt. Also lief das Projekt weiter.

Insgesamt waren es fünf Michelmärkte, die in den Jahren bis 1998 immer wieder neue Attraktionen boten wie beispielsweise die Welturaufführung einer Multimediashow im Michel selbst. Pastor Adolphsen: „Durch die vielen Spenden und Geschenke wird deutlich, wie sehr sich die Hamburger dem Michel verbunden fühlen und engagieren. Es wird in Zukunft immer mehr so sein, dass wir uns auf den alten hanseatischen Bürgersinn berufen müssen. Alles fängt ja beim Einzelnen an in der Gesellschaft.“