Der Deutschland-Achter will bei der Sprintregatta Revanche für die Niederlage bei der Ruder-WM nehmen

Einmal angenommen, Sie müssten am Sonnabend einen Sprint bestreiten. Und am Sonntag einen Marathon. Wie würden Sie sich darauf vorbereiten? Ralf Holtmeyer muss auf genau diese Frage eine Antwort finden. Seit Dienstag bereitet der Bundestrainer seinen Deutschland-Achter in Rendsburg auf den finalen Höhepunkt der Rudersaison vor: den E.on Hanse Cup, die mit 12,725 Kilometer längste und härteste Spitzenregatta der Welt am Sonntag auf dem Nord-Ostsee-Kanal. Hier gilt es, so sauber, gleichmäßig und kraftsparend wie möglich zu rudern. Tags zuvor navigiert das Olympiasiegerboot beim E.on Hanse AlsterCup auf der Binnenalster am anderen Extrem der Belastungsskala. Es ist das mit 270 Metern kürzeste internationale Rennen der Saison, bei dem es vor allem auf einen explosiven Start und maximale Schlagfrequenz ankommt. Jeder kleine Fehler kann schon das Aus sein.

Gegensätzlicher könnten die Anforderungen an die Mannschaft um Eric Johannesen vom RC Bergedorf also kaum sein. Die prächtige Stimmung an der Strecke wird sich indes kaum unterscheiden. Im vergangenen Jahr wollten 20.000 Zuschauer die Premiere der Hamburger Regatta erleben. Holtmeyer, obschon eigentlich kein Freund von Sprintrennen, erinnert sich gern daran zurück: „Das war eine gelungene Veranstaltung, die allen Spaß gemacht hat, den Ruderern wie dem Publikum.“ Schon weil sich das Goldboot der Spiele von London 2012 auch auf der Alster gegen die Konkurrenz aus Australien und Großbritannien durchsetzen konnte.

Der WM-Dritte Marcel Hacker führt das Feld der neuen Einerkonkurrenz an

Diesmal gerät der E.on Hanse AlsterCup zur WM-Revanche. Anfang des Monats hatten die Briten dem Deutschland-Achter die erste Niederlage bei einer großen Meisterschaft seit fünf Jahren zugefügt. 13 Tage nach dem Finale von Chungju (Südkorea) treffen die Rivalen in Hamburg erstmals wieder aufeinander. Außerdem sind die Großboote aus Polen und den USA am Start, die bei der WM Rang drei und vier belegten.

„Damit ist die komplette Weltspitze in Hamburg vertreten“, sagt Veranstaltungsleiter Wolfgang Berndt vom Deutschen Ruder-Marketing. Nur bei der Besatzung musste Holtmeyer ein wenig improvisieren. Maximilian Reinelt blieb nach der WM für eine Urlaubsreise in Asien, Hannes Ocik ist im Rahmen seiner Ausbildung bei der Landespolizei eingebunden. Ihre Plätze nehmen Lauritz Schoof und Malte Jakschik ein. Für Schoof ist es gleich ein doppeltes Heimspiel: Rendsburg ist seine Heimatstadt, in Hamburg hat der Olympiasieger und Europameister im Doppelvierer einige Zeit trainiert. Sich von den Skulls auf die längeren Riemen umzustellen dürfte ihm nicht allzu schwer fallen: Als Junior gewann Schoof WM-Silber im Vierer ohne Steuermann.

Nur mit dem Ablauf der Veranstaltung könnte er möglicherweise nicht so vertraut sein. Gerudert wird in einem Modus, der sich auch in der Bundesliga bewährt hat: Erst wird in einem Einzelzeitfahren eine Rangfolge ermittelt, anschließend treten die Boote in einer K.-o.-Runde in direkten Duellen gegeneinander an. „Dieses kurze und kompakte Format kommt auch bei den Aktiven gut an“, weiß Berndt.

Er brauchte dann auch Marcel Hacker nicht lange zu überreden, die besondere Atmosphäre beim E.on Hanse AlsterCup einmal selbst auszukosten. Der WM-Dritte aus Magdeburg ist der Hauptdarsteller des Einerrennens, das neu ins Programm genommen wurde. Die Herausforderer werden Hacker den Sieg nicht freiwillig überlassen. Alexander Alexandrow aus Aserbaidschan kommt mit der Empfehlung, im Juli die traditionsreiche Henley-Royal-Regatta in England gewonnen zu haben. Der Niederländer Roel Braas wiederum siegte im Juni beim Einer-Klassiker Holland Beker in Amsterdam.

„Mittelfristig wollen wir auch ein Frauenrennen ins Programm nehmen“, sagt Berndt. Weiteres Ziel ist, den E.on Hanse AlsterCup in eine internationale Serie von City-Sprints einzubetten. Noch kühner ist Berndts Vision eines Nachtrennens entlang des Jungfernstiegs unter Flutlicht: „Eine einmalige Atmosphäre. Und das ZDF-‚Sport-Studio‘ überträgt live.“ Man wird ja wohl noch träumen dürfen.

Weitere Informationen zu der Veranstaltung unter abendblatt.de/sport und www.eonhanse-alstercup.de