Sieben Tipps, wie Eltern ihre Kinder für Wiesen, Wälder und das Wandern begeistern können

Im Matsch spielen, mit einer Becherlupe den Laubhaufen erkunden, mit GPS-Gerät auf Wandertour. Naturpädagoge Johannes Plotzkihat viele Tipps, wie Kinder und Jugendliche die Natur ganz intensiv erleben können. Er leitet das Unternehmen „Landschaftsabenteuer“ und ist Fachreferent beim UmweltHaus am Schüberg im Projekt Kita ökoplus der Ev.-Luth. Kirche.

1. Wie können Kinder die Natur erleben, auch wenn sie in der Stadt wohnen?

Johannes Plotzki:

Stadt und Natur schließen sich keinesfalls aus. Das, was ein Wald an Naturerlebnissen bieten kann, ist oft auch im Park, in einer Grünanlage, an einem Bach oder auf einer Brachfläche möglich. Viele Wildtiere wie Kaninchen, Gänse, sogar Rehe und Mäusebussarde sind auch mitten in der Stadt anzutreffen. Und Kinder brauchen oftmals nicht viel, um interessante Beobachtungen in der Natur machen zu können. Sie können einmal mit der Becherlupe vorsichtig die oberste Laubstreu unter einem Baum entfernen und die darunter krabbelnden Käfer, Asseln und Spinnen betrachten. Entscheidend ist unsere Vorbildfunktion als Erwachsene. Wenn wir mit offenen Augen Interesse an unserer Umwelt zeigen, überträgt sich dies auch auf die Kinder.

2. Was sollten Kita-Kinder an Naturerlebnissen erfahren haben?

Plotzki:

Da haben wir keine „big five“ oder eine Liste mit bestimmten Aktivitäten zum Abhaken. Aber sie sollten einmal draußen richtig in den Regen kommen und nicht sofort ein Dach über den Kopf haben oder einen kräftigen Herbststurm auf einer Wiese erleben und den vorbeifliegenden Blättern hinterherjagen. Es geht doch darum zu erfahren, dass es Kräfte gibt, die unabhängig von unserem Zutun da sind und denen wir wie alle Lebewesen auf diesem Planeten mehr oder weniger stark ausgesetzt sind. Das Erleben der vier Elemente mit allen Sinnen ist eine wichtige Erfahrung für Kleinkinder. Und das enthält auch das Anfassen und Fühlen von Erde und Schlamm, von Sand und von Kies. Auch das Klettern in Bäumen ist eine grundlegende Erfahrung, die einerseits wichtig für die psychomotorische, aber auch für die emotionale Entwicklung ist. Es bestärkt das Selbstvertrauen und fördert die eigene Risikokompetenz.

3. Was ist der Unterschied zwischen einem normalen Spielplatz und dem Spielen in freier Natur?

Plotzki:

Mit Ausnahme der Sandkiste ermöglichen Spielgeräte auf Spielplätzen nur selten Spielraum für eigenes Gestalten und Errichten. Ein Grünstreifen, ein Wald oder der Park bieten dabei mehr Freiraum für kreatives Spielen. Im Übrigen sind oftmals die Büsche und Bäume am Rand von Spielplätzen mehr bespielt als die Spielgeräte selbst.

4. Natur heißt auch Flüsse, Seen, hohe Bäume – es gibt Gefahren. Wie kann ich mein Kind darauf vorbereiten?

Plotzki:

Kinder müssen möglichst früh lernen, ihre körperlichen Grenzen einzuschätzen. Dies schaffen sie nur durch eigene Erfahrungen, dann können sie eher auch mögliche Gefahren abschätzen. Das fängt beim Kleinkind an, das über einen liegenden Baumstamm klettert, anstatt von Mutter und Vater getragen zu werden.

5. Manche Kinder hassen es zu wandern, wie kann ich sie motivieren?

Plotzki:

Kinder werden nicht als Wandermuffel geboren. Sie sollten sich früh angewöhnen, zu Fuß unterwegs zu sein. Also auch im Alltag öfter einmal Strecken gehen und dafür mehr Zeit einplanen. Das Marschieren auf eintönigen, geschotterten Forstwegen ist langweilig. Zum Glück werden immer mehr Premium-Wanderwege so konzipiert, dass sie abwechslungsreich und möglichst schmale Pfade sind. Kinder motiviert es, wenn sie in die Streckenplanung miteinbezogen werden. Mit Beobachtungsspielen können Eltern die Aufmerksamkeit auf die Natur statt auf die müden Füße richten. Zum Beispiel: „Wer entdeckt die nächste Tierbehausung“. Und man sollte unbedingt viel Zeit für „Unvorhersehbares“, zum Beispiel spontanes Staudamm-Bauen oder basteln mit bunten Blättern, einplanen. In Leistungsstress sollte ein Familien-Waldspaziergang auf keinen Fall ausarten.

6. Wie kann ich Jugendliche für einen tollen Ausflug in die Natur begeistern?

Plotzki:

Zum Beispiel durch eine Geo-Caching-Tour, eine neue Form von Schnitzeljagd, auch mit GPS-fähigen Smartphones möglich. Solche Touren werden etwa von Naturschutzverbänden angeboten – im Duvenstedter Brook bietet der Nabu sie mit ausleihbaren GPS-Geräten an. Und entlang der Alster gibt es eine Fischotter-Rallye. Spannend ist eine abendliche Kanutour zur europäischen Batnight im Spätsommer. Dabei lassen sich Fledermäuse vom Wasser aus besonders gut erleben. Im Hochseilgarten können Jugendliche gut die eigenen Kräfte und Grenzen austesten.

7. Wie können Kinder im eigenen Garten ungezähmte Natur erleben?

Plotzki:

Im eigenen Garten einfach eine „unaufgeräumte“ Ecke zulassen, den Kindern ihr Reich geben, wo sie schalten und walten können. Totholz, also etwas Strauchschnitt aufschichten und nicht alles abtransportieren. Dort siedeln sich schnell Käfer und andere Insekten an, die auch für Vögel und Igel ein gefundenes Fressen sind.