Scheitern als Konzept, Depression mit Pointe: Heinz Strunk liest in der HafenCity

Heinz Strunk darf man Hamburgs Hammerhumoristen nennen: Wo der Mann mit seiner Komödiantenkeule hinhaut, gibt es ein Lachbeben. Tatsache. Beim Lesen der Strunk-Bücher lacht man sich alleine kaputt, auf den Lesungen geschieht dies im Kreise Gleichgesinnter. Lachen und Lesen, das ist eine gute und eher seltene Sache, weil große und schöne Literatur ja eigentlich immer ernst ist.

Man könnte nun sagen, dass Strunk eben kein großer Romancier ist, sondern ein Humorschreiber mit extremer Pointensicherheit. Damit würde man aber verkennen, wie gut der Hamburger die Kunst beherrscht, seine immer vor allem biografischen Vorhaben literarisch zu veredeln. Kurz: Könnte Strunk nicht schreiben, würde auch keiner lachen. Das neue Buch aus der Witz-Werkstatt heißt „Junge rettet Freund aus Teich“ und ist wie stets eine kurzweilige Angelegenheit.

Ähnlich wie der famose Chronist Gerhard Henschel („Kindheitsroman“, „Abenteuerroman“) schreibt Strunk, der als Spaßmacher mit seinen Kompagnons Rocko Schamoni und Jacques Palminger in der Künstlervereinigung Studio Braun berühmt wurde, einen Fortsetzungsroman des eigenen Lebens – unter Einnahme des unbedingt lustigen Standpunkts. Vom „Heinzer“, wie Strunk von seinen Fans genannt wird, kennt der geneigte Leser nach der Lektüre von „Junge rettet Freund aus Teich“ nun auch die ganz frühen Jahre: nämlich Kindheit und Jugend in Harburg, wo der kleine Mathias Halfpape (wie Strunk bürgerlich heißt) bei seiner alleinerziehenden Mutter und den Großeltern aufwächst. Es ist schön hier, muckelig sowieso - ein behütetes Heim.

Bis sich die Verdachtsmomente häufen, dass das Leben eben kein Kindergeburtstag ist und sich hinter der Oberfläche aller Menschen und Sachen auch traurige, blöde, nervende Potenziale sammeln. Die Hauptfiguren Strunks sind immer stoische Helden, die ihr permanentes Belämmertdreinschauen kultivieren, weil Scheitern eben auch ein Lebenskonzept ist. Der Autor Strunk, seit „Fleisch ist mein Gemüse“ ja ein echter Bestseller, geriert sich in Interviews übrigens auch immer ein wenig so, als würde es jeden Morgen in seine Kaffeetasse regnen. Strunk ist außerdem zurückhaltender, als man annehmen würde, wenn man ihn als Literaturentertainer auf der Bühne erlebt.

Im Frühsommer las Strunk zweimal in einer jeweils fast ausverkauften Fabrik – zwei Heimspiele also. Der Mann weiß auf jeden Fall, dass es zu Hause eben doch am schönsten ist. In Süddeutschland, sagt er, seien seine Lesungen nicht so gut besucht.

Im neuen Buch treibt er jede Mengen Pointensäue durchs Dorf: die Bauernbengel in der niedersächsischen Provinz zum Beispiel, die unsäglichen 70s-Hardrock hören und Zelten im Wald mit Alkoholbedröhnung für die beste aller Freizeithandlungen halten. Oder das, so wollen wir es nennen, auf ihn selbst zurückgeworfene Ausleben der Sexualität des Heranwachsenden, ein Lieblingsthema Strunks. Der junge Mathias leidet tüchtig an sich selbst, er hat es halt nicht leicht in Harburg, Todtglüsingen und überhaupt.

Wir haben wieder sehr gelacht beim Lesen.

Heinz Strunk 13.9., 20 Uhr, Cruise Center/HafenCity. Karten für 18 € unter T. 30309898