Mit „Grooves & Dances“ beweist die Hamburger Camerata mal wieder Handschrift

In der langsamen Einleitung seiner Siebten Sinfonie gönnt Beethoven dem Hörer noch etwas idyllisches Verweilen. Aber dann, mit Beginn des Vivace, stürmt die Musik unaufhaltsam voran. Da steppt der Bär. Beziehungsweise der Bauer, wie Kollege Berlioz befand. Er empfand den ersten Satz als „Ronde des paysans“.

Noch wilder geht es im Finale zu, das sich in einen ekstatischen Rausch hineinsteigert. Kein Wunder, dass der französische Schriftsteller Romain Rolland die Sinfonie als eine „Orgie des Rhythmus“ erlebte. Für Richard Wagner war sie, etwas vergeistigter formuliert, eine „Apotheose des Tanzes“. Damit passt die Siebte perfekt zum Spielzeitstart der Hamburger Camerata. Denn das Ensemble eröffnet seine 27. Saison mit einem Konzert, das sich den „Grooves & Dances“ verschrieben hat.

Zur Einstimmung dirigiert der junge Chefdirigent Simon Gaudenz die „Dance Preludes“ von Witold Lutoslawski in der Orchesterfassung von 1959. In den fünf kurzen Stücken greift der Komponist Rhythmen und Melodien polnischer Volkslieder auf.

Einen ganz anderen Ton schlägt und zupft der – von Lutoslawski übrigens sehr verehrte – Claude Debussy in seinen beiden Tänzen für Harfe und Streichorchester an. Der erste Teil, „Danse sacrée“, beginnt mit einer schwebenden Melodie, die der Komponist „weich und ausdrucksvoll“ gespielt wünscht, der anschließende „Danse profane“ bezaubert mit seinem sanften Groove und französischen Farben.

Die zwei Stücke sind 1904 als Auftragswerk der renommierten Instrumentenbaufirma Pleyel entstanden, die damals die Möglichkeiten ihres brandneuen Harfenmodells mit Halbtönen promoten wollte. Solistin ist die junge Münchnerin Johanna Ponzer, Jahrgang 1992. Sie studiert an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin, hat schon zahlreiche Preise bei wichtigen Wettbewerben eingeheimst und ist Stipendiatin der Deutschen Stiftung Musikleben.

Nach Debussys Ohrschmeichlern präsentieren die Künstler noch eine Hamburger Erstaufführung: In seinem Stück „Grooves – Fitting One“ aus dem Jahr 2000 für Orchester mit großer Schlagwerkbatterie erkundet der Schweizer Komponist Dieter Ammann die Bedeutung des Begriffs Groove (=Furche, Rille) und schichtet verschiedene Zeitabläufe übereinander. Eine spannende Klangmontage, in der schon verschiedene Energiequellen aufköcheln, bevor die Kraft des Rhythmus in Beethovens Siebter Sinfonie ungebremst hervorschießt.

„Grooves & Dances“ 18.9., 20.00, Laeiszhalle. Karten zu 23,- bis 31,- unter T. 453326