Tan Dun arrangiert seinen großartigen Zyklus „Orchestral Theatre“ neu

Kung Fu und Martial Arts haben eine gemeinsame Wurzel: die Peking-Oper des 19. Jahrhunderts. Ang Lees internationalem Martial-Arts-Filmhit „Tiger & Dragon“ (2000) sieht und hört man das auch an. Die Musik dazu, eine äußerst kunstfertige Synchronisation von Geräuschen und Klängen, stammte von Tan Dun.

Ein Glücksfall. Seither ist Tan Dun auch als Dirigent ein gefragter Gast auf allen Konzertpodien der Welt. Am 8. September wird er seinen Werkzyklus „Orchestral Theatre I–IV“ in einer neu arrangierten Fassung präsentieren.

In dieser Konzertserie, die Tan Dun zwischen 1989 und 1999 fertig stellte, bringt er sein oberstes Ziel, die Versöhnung von urtümlichem Ritual und elitärem Konzerterlebnis, von westlicher und östlicher Kultur, zu größter Blüte. „Als integraler Bestandteil des spirituellen Lebens im Ritual, als Träger von Spiritualität und Unterhaltung hat Musik eine Geschichte, die so alt ist, wie die Menschheit selbst“, sagt Tan Dun. Im ersten Teil „Xun“ greift er den Geist dörflicher Feste auf. Es folgt dabei nicht einer Narration, sondern will abstrakte, dramatische und emotionale Bilder erzeugen. In Teil zwei, „Re“, konzipiert er unter Mitwirkung des Publikums ein Ritual von Klang, Raum und Stille. Unter anderem setzt er dabei Sprechgesänge nach Art einer tibetanischen Zeremonie ein. Teil drei „Red Forecast“ nutzt den Wetterbericht als Metapher für die Fährnisse der Geschichte als Basis für ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Text, Video und Licht. Der vierte und letzte Teil, „The Gate“, vereint drei Frauengestalten der Kulturgeschichte, die aus Liebe freiwillig aus dem Leben schieden und nun ihr Urteil an der letzten Pforte empfangen.

Seit Tan Dun im Alter von drei Jahren zu musizieren begann, hat er den Wind und das Rauschen des Flusses in Töne verwandelt. Während der Kulturrevolution war es streng verboten, Bach zu hören. „Dabei ist das wie Medizin, wie eine spirituelle Massage“, sagt Tan Dun. Ende der 1980er-Jahre ging er zum Studium nach New York, wo er bis heute lebt. Bachs Instrumentarium nutzt er, um in Orchesterwerken, Opern und Filmmusiken die Natur und sich selbst auszudrücken.

Tan Dun: „Orchestral Theatre I–IV“ 8.9., 11.00, Laeiszhalle. Karten 8,- bis 42,- unter T.35766666