Woran denken Sie, wenn Sie die Worte "Sinti und Roma" hören? Haben Sie sofort romantische Assoziationen von Lagerfeuer, Zigeunermusik und der Oper "Carmen" oder denken Sie eher an schmutzige Wohnungen, verdreckte Kindergesichter und brennende Müllhaufen? Es ist schwer, kein Klischee-Bild vor den Augen zu haben, wenn es um diese Volksgruppe geht.

Seit 1997 sind Sinti und Roma als Minderheit in Deutschland anerkannt, sie bekommen Unterstützung bei Bildungs- und Kulturprogrammen, sie leben schon seit Tausenden von Jahren unter uns. Und dennoch sind sie noch lange nicht mitten in der Gesellschaft angekommen. Sie leben am Rande. Das tut manchen weh, besonders den Kindern, die in der Schule oft Außenseiter sind. Doch für viele unter ihnen ist das der bewusst gewählte Weg - vielleicht auch aus einem Schutzbedürfnis heraus. Denn das Wichtigste ist die Familie, die Bewahrung der Traditionen und Bräuche. Jahrhundertelange Diskriminierung haben zu einem geschlossenen Kreis geführt, in den nur wenige Einblicke bekommen dürfen.

Umso erfreulicher ist es, dass unsere Autorin Hanna-Lotte Mikuteit mit zwei sehr engagierten Sinti sprechen konnte, die relativ offen über ihr Volk und ihre Lebensgeschichte erzählt haben. Durch die Porträts von Marcelo Hernandez entstand eine Nahaufnahme zweier Wegbereiter, die es schaffen, sowohl traditionell als auch modern zu sein. Sie arbeiten als Berater in einem preisgekrönten Projekt der Großstadt-Mission.

Das Interview mit zwei Expertinnen bindet zudem die aktuelle Debatte um den Zuzug von Roma nach Deutschland mit ein. Ich hoffe sehr, dass Ihnen unser Schwerpunkt hilft, die Sinti und Roma mit all ihren Problemen, Ängsten, aber auch ihrem kulturellen Schatz zu verstehen. Vielleicht entsteht damit sogar künftig ein neues Bild in Ihrem Kopf.

Ihre Sabine Tesche