Die Luftfahrtindustrie als Wachstumsbranche: Mit Airbus, Lufthansa Technik, dem Airport und über 300 Zulieferern belegt die Stadt weltweit Platz drei nach Seattle und Toulouse

Die Luftfahrt, ein echter Jobmotor für die Metropolregion: Mit rund 14.500 Beschäftigen ist Airbus Hamburgs größter Arbeitgeber, gefolgt von Lufthansa Technik mit mehr als 7500 Beschäftigten. Zusätzlich tüfteln etwa 8800 vielfach hochqualifizierte Fachkräfte in rund 300 Zulieferbetrieben - eine Besonderheit im weltweiten Luftfahrtgeschäft. In den USA und anderen europäischen Ländern dominieren international aufgestellte Unternehmen auch den Zuliefermarkt. Dank ihrer mittelständischen Prägung sind die Betriebe hierzulande nah am Auftraggeber. So können sie individuelle, flexible Dienstleistungen erbringen und rasch auf neue Anforderungen reagieren. Allerdings birgt die Fixierung auf ein Großunternehmen auch Risiken.

Mit Abstand wichtigster Akteur ist Airbus Deutschland. Von der Entwicklung bis zur Endmontage deckt das Werk in Finkenwerder die gesamte Prozesskette im Flugzeugbau ab. Flaggschiff ist der A380. Sektionsmontage, Innenausstattung und Lackierung des weltgrößten Passagierjets erfolgen in Hamburg - ebenso wie Montage und Ausrüstung aller Typen der A320-Familie und die Fertigung des neuen Langstreckenfliegers A350. 2012 wurden in Hamburg 265 Maschinen ausgeliefert, darunter 250 Jets der A320-Familie. "Das ist neuer Standortrekord und eine tolle Mannschaftsleistung", so Airbus Deutschland-Chef Günter Butschek im "Hamburger Abendblatt".

Seit Jahren ist die Metropolregion international anerkanntes Kompetenzzentrum für Kabinenausstattung. Der Airbus-Standort Buxtehude hat sich auf Kabinen-Kommunikationseinrichtungen und Passagier-Systeme spezialisiert. In Stade sitzen die Experten für Leichtbautechnologien auf der Basis von Kohlenfaserverbundwerkstoffen. Mit dem Netzwerk CFK-Valley gelang eine einmalige Bündelung aller wichtigen Akteure. Die riesige Heckflosse des A380 und die über 30 Meter langen Flügelschalen des A350 entstehen hier.

Auch die Nummer eins in puncto Wartung und Reparatur sitzt in Hamburg. Über 750 internationalen Kunden bietet die Lufthansa Technik Full-Service an: von Design und Wartung über Triebwerksinstandhaltung bis zum Logistikzentrum für die Teileversorgung. Ein Hort der Verschwiegenheit ist das Completion Center: Das Unternehmen baut hier große Flugzeuge für reiche Privatleute und Regierungen nach individuellen Wünschen und mit allem erdenklichen Luxus aus. Russische Oligarchen und arabische Scheichs zahlen fürs passende Interieur ab 30 Millionen Euro aufwärts.

Stolz ist das Unternehmen auf sein Ausbildungszentrum mit zwölf Berufsbildern. Und es investiert weiter: Für 20 Millionen Euro entsteht derzeit ein Neubau für Werkstätten, zentrale Werkzeugtechnik und Büros. "Lufthansa Technik setzt weiter auf Wachstum", sagt Vorstandschef August Wilhelm Henningsen. Jüngst haben die Ingenieure von Air Canada den Auftrag erhalten, Triebwerke von 90 Jets der A320-Familie zu überholen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 2249 Flugzeuge in Hamburg betreut - 5,8 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der Flughafen ist Hamburgs drittes Luftfahrt-Standbein. Mit rund 13,7 Mio. Passagieren ist er der fünftgrößte Deutschlands und dank der umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen der letzten Jahre für langfristig wachsenden Luftverkehr gerüstet. Als wichtige Drehscheibe ist der Airport ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen.

Qualifizierte Fachkräfte sind in der Luftfahrtindustrie besonders gefragt. In der Metropolregion haben sich zahlreiche Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen etabliert. Sie lehren Werkstofftechnologie und Flugzeug-Systemtechnik (TUHH), Kabinengestaltung (HAW) oder Verbundwerkstoffe/Composites (CFK). Für das Konzept der "Qualifizierungsoffensive Luftfahrtindustrie" verlieh die EU-Kommission den Initiatoren das Prädikat "Best Practice". Und das Hamburg Centre of Aviation Training ist in seiner Vernetzung von schulischer, betrieblicher und akademischer Ausbildung einmalig in Europa.

Die Hansestadt blickt auf über 100 Jahre Luftfahrtgeschichte zurück. Die entscheidenden Impulse setzte aber 2001 der Auftrag zur Entwicklung und Produktion des A380, den der Standort Hamburg neben Toulouse erhielt. Seitdem wurde das Airbus-Gelände erweitert, der Flughafen modernisiert, die technische Basis der Lufthansa ausgebaut. Die "Initiative Luftstandort Hamburg" entstand - und mit ihr neue Marketing- und Netzwerkaktivitäten. Zehn Jahre später folgte der Verein "Luftfahrtcluster Metropolregion Hamburg e. V." als öffentlich-private Partnerschaft von Wirtschaft, Wissenschaft und Senat.

Aufstrebende Wettbewerber, schwaches Wachstum, steigende Ölpreise: Auch in der Metropolregion sind die Herausforderungen der Globalisierung spürbar. Und nicht überall kann die Region glänzen. Eine Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) zur "Bedeutung der Luftfahrtindustrie für Norddeutschland" sieht die Potenziale der Branche nicht ausreichend genutzt. "Die norddeutschen Länder sind aufgerufen, weiter in Forschung und Entwicklung zu investieren, ihre Attraktivität auch für internationale Fachkräfte zu erhöhen sowie für die notwendige Infrastruktur zu sorgen", fordert HWWI-Direktor Prof. Thomas Straubhaar.

Auch deshalb hat sich die Branche in der Metropolregion im vergangenen Jahr neu aufgestellt: Aus dem umständlichen Luftfahrtcluster wurde die Dachmarke "Hamburg Aviation", die mittlerweile 70 Mitglieder aus der Luftfahrtindustrie, Verbänden, Forschungseinrichtungen und Behörden der die norddeutschen Länder umfasst. Das Ziel: den Standort stärker zu profilieren und ihn regional wie international nachhaltig ins Bewusstsein zu rücken. Die Firmen der Region arbeiten eng vernetzt zusammen und entwickeln hochwertige Produkte und Dienstleistungen.

Die Branche bleibt also in Bewegung - und darf laut HWWI in den kommenden Jahren auf kräftigen Aufwind hoffen. Bis zum Jahr 2031 werden weltweit bis zu 32.000 neue Flugzeuge gebraucht. "Davon wird Norddeutschland profitieren", prognostiziert Straubhaar.