Auch bei den Schiffen spielt Umweltschutz eine immer gewichtigere Rolle

Dass Schiffsabgase es in sich haben, wissen nicht zuletzt die Bewohner der Hamburger HafenCity: Stickoxide, Schwefeldioxid und Feinstaub dämpfen die Freude, einen freien Blick zum Beispiel aufs Kreuzfahrtterminal zu haben.

Zwar sind Europas Häfen, und damit auch der Hamburger, sogenannte ECA-Zonen - ECA steht für Emission Control Area. Für solche Gebiete sind vergleichsweise niedrige Schadstoffgrenzwerte vorgeschrieben. Doch der Schwefelgehalt des Schiffsdiesels, der die großen Pötte antreibt, ist immer noch deutlich höher als beispielsweise bei Autokraftstoffen. Dazu kommt im Hafen das Problem, dass sowohl Containerfrachter als auch Kreuzfahrtschiffe hier ihre Hilfsdieselmotoren laufen lassen, um den Strombedarf an Bord zu decken. Und der ist nicht zu unterschätzen: Ein großes Kreuzfahrtschiff wie die "Queen Mary" frisst genauso viel Strom wie eine ganze Kleinstadt mit rund 15.000 Haushalten.

Umweltverbände und Politik fordern deshalb schon länger einen Anschluss der Schiffe ans landseitige Stromnetz. Eine Machbarkeitsstudie des Industrieverbands Hamburg ging bereits 2009 von der grundsätzlichen Möglichkeit einer Landstromversorgung aus. "Die Technik ist verfügbar, geprüft und zertifiziert", sagt Torsten Seemann von der Siemens AG Region Nord. Die Kosten bezifferten die Macher der Studie auf zunächst 24 Millionen Euro. Dafür gäbe es eine deutliche Schadstoffeinsparung: Bei einer Generierung des Stroms durch die Hilfsdiesel der Kreuzfahrer fallen 54,4 Tonnen Stickoxid an. Eine Kraftwerksproduktion des am Kai benötigten Stroms würde dagegen nur etwa 2,25 Tonnen Stickoxid erzeugen.

Auch immer mehr Schiffe sind mittlerweile mit der erforderlichen Technik ausgerüstet: So nutzt Hapag-Lloyd für Containerfrachter, die amerikanische Häfen ansteuern, Technik von SAM Electronics. Diese ist praktischerweise in einem Container untergebracht und ermöglicht den Netzanschluss. Der Chef der Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier, rechnet damit, dass in Altona spätestens 2015 ein Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe existieren wird.

Bis es so weit ist, hat die Branche schon intelligente Zwischenlösungen parat: So soll noch in diesem Jahr mit "AIDAsol" das erste Schiff der AIDA-Flotte während der Liegezeit im Hamburger Hafen durch eine von der Firma Becker Marine Systems entwickelte LNG Hybrid Barge mit elektrischer Energie versorgt werden. Die Energie wird in Blockheizkraftwerksmotoren und Generatoren mittels Flüssiggas (LNG) erzeugt und je nach Bedarf in das Versorgungsnetz des Kreuzfahrtschiffes eingespeist. Anders als bei herkömmlichem Marine Diesel mit 0,1 Prozent Schwefelanteil werden so künftig während der Hafenliegezeit keine Schwefeloxide (SOx) mehr produziert. Die Emission von Stickoxiden (NOx) verringert sich um bis zu 80 Prozent, der Ausstoß von Kohlendioxid um weitere 30 Prozent.

Fehlen der LNG Hybrid Barge die Abnehmer, ist ein Partner mit im Boot: Der Hamburger Energieversorger E.on Hanse Wärme plant, die produzierte überschüssige Energie in das landseitige Stromnetz einzuspeisen. Der Hafendienstleister Eckelmann AG hat gemeinsam mit Siemens ein ganz ähnliches Konzept (e-power barge) entwickelt, das auf seinen Einsatz wartet. Einer der potenziellen Abnehmer: die Kreuzfahrtreederei TUI Cruises.

Langfristig könnte LNG ohnehin eine Lösung für die Emissionsprobleme sein - wenn nämlich der ganze Schiffsantrieb von Schweröl auf das umweltfreundliche Flüssiggas umgestellt würde. Motorenhersteller wie MAN und Wärtsilä, aber auch Klassifikationsgesellschaften wie GL und DNV haben für nahezu alle Schiffstypen technische Lösungen erarbeitet.

Noch fehlt es dafür an der nötigen Infrastruktur in den Häfen. Doch eine aktuelle Studie von GL und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hat auch hier bereits die Machbarkeit bestätigt - und Hamburg engagiert sich in einer Initiative von internationalen Hafenstädten, die das Thema voranbringen wollen. "LNG ist ganz offensichtlich der Schiffsantrieb der Zukunft", heißt es von Seiten der Initiatoren. "Der Hamburger Hafen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wirtschaft und Umweltschutz in Einklang zu bringen. Der Einsatz von LNG als Schiffskraftstoff ist hier ein wichtiger Schritt", sagt HPA-Chef Meier. Gemeinsam mit der Bomin Linde LNG GmbH treibt die HPA das Thema voran - und hat den Segen der Politik: "Das Bomin-Linde-Joint Venture ist ein Glücksfall für unseren Hafen. Damit wird ein deutliches Zeichen gesetzt, dass wir es in Hamburg mit dem Thema Nachhaltigkeit ernst meinen", sagt Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch.