Der Hafen ist die Lebensader der Hansestadt - und auch für die Industrie in Hamburg und der Metropolregion von unschätzbarer Bedeutung

"Hamburg -Tor zur Welt". Ihren stolzen Beinamen verdankt die Stadt in erster Linie ihrem Hafen. Im vergangenen Jahr wurden hier 8,9 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen, in Europa liegt Hamburg damit nach Rotterdam auf Platz zwei.

Der gesamte Güterumschlag belief sich 2012 auf 130,9 Millionen Tonnen. Das war zwar gegenüber dem Vorjahr, als der Hafen um neun Prozent gewachsen war, ein kleines Minus. Seinem Ruf als Tor zur Welt blieb der Hafen gleichwohl treu: Der Export über Hamburg legte immerhin um 1,9 Prozent zu. Top-Außenhandelspartner blieb mit einem Anteil am Containerumschlag von rund 30 Prozent die Volksrepublik China. Hier zeigt sich auch die Bedeutung für die Hamburger Industrie, deren Exportquote nach Angaben des Industrieverbands Hamburg zuletzt bei 22 Prozent lag - ohne den Sektor Mineralölverarbeitung waren es sogar 42 Prozent. Die Industrie ist denn auch größter Auftraggeber für den Hafen.

In der Metropolregion Hamburg sind rund 155.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt vom Hafen abhängig. Als logistisches Drehkreuz strahlt er in viele andere Branchen und auch regional weit aus. Die Beschäftigten von Reedereien und Hafenlogistikern wie HHLA und Eurogate sorgen rund um die Uhr dafür, dass alle Waren an ihren Bestimmungsort im In- und Ausland kommen: Runter vom großen Containerfrachter und mit kleineren Feedern, Binnenschiffen, Lkw oder Güterzügen ans Ziel.

Kein anderer europäischer Hafen hat einen so großen Bahnanteil wie Hamburg. Jeder dritte Container, der auf Deutschlands Schienen unterwegs ist, läuft über das Netz der Hafenbahn, in das in den vergangenen fünf Jahren 160 Millionen Euro investiert wurden. Hamburg ist denn auch der wichtigste Kunde von DB Schenker, der Fracht- und Logistiktochter der Deutschen Bahn: Mehr als zwölf Prozent der Gesamttonnage, die im deutschen Eisenbahnverkehr bewegt werden, haben ihre Quelle oder Ziel im Hamburger Hafen.

Der hohe Schienenanteil steht auch für Nachhaltigkeit. Die liegt auch sonst im Trend: So hat sich die HHLA das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2020 die CO2-Emissionen je umgeschlagenen Container um mindestens 30 Prozent zu reduzieren. Neben energieeffizienten Prozessen im Containerumschlag und stromsparender Beleuchtung soll vor allem die weitere Elektrifizierung der Terminals helfen, das Ziel zu erreichen. Wo bisher noch Diesel als Energiequelle für viele Großgeräte dient, wird schrittweise Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt. Wegweisend ist der Prototyp eines batteriebetriebenen AGV (Automated Guided Vehicle), der für den Container Terminal Altenwerder entwickelt wurde. Da der gesamte Terminal mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt wird, bewegt sich ein Großteil der Anlage fast emissionsfrei.

Aber nicht nur in puncto Umwelt ist der Hamburger Hafen ganz vorn: "Die regionalökonomischen Effekte des Hamburger Hafens wirken in ganz Deutschland", betont Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Belegt werde das auch durch die 2012 veröffentlichte OECD-Studie "The Competitiveness of Global Port Cities: The Case of Hamburg". Die Studie bescheinigt dem Hamburger Hafen besonders hohe indirekte wirtschaftliche Effekte: Jeder zusätzliche Euro Nachfrage dort führt zu 0,71 Euro zusätzlichen Ausgaben in anderen Sektoren. Dieser Wert ist weit höher als bei den Wettbewerbern Rotterdam oder Antwerpen.

Die positiven Effekte auf zahlreiche Wirtschaftszweige machten den Hafen zum wichtigen Impulsgeber für die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs und der Metropolregion, schreiben die Forscher Michael Bräuninger, Alkis Henri Otto und Silvia Stiller vom renommierten Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) in einer Studie über die volkswirtschaftliche Bedeutung des Hamburger Hafens. Insbesondere die Erreichbarkeit internationaler Märkte werde auch in Zukunft "ein wichtiger Standortfaktor für die Ansiedlung von Industrieunternehmen" sein.

Allerdings stößt der Hafen zunehmend an seine Grenzen. Hintergrund: Die Dimensionen der Containerschiffe wachsen, im Sommer übernimmt die weltgrößte Reederei Maersk ihr erstes 18.000-TEU-Schiff. Schon die aktuellen Giganten können Hamburg nicht mehr voll beladen erreichen. Abhilfe sollte eine Anpassung der Fahrrinne bringen. Doch das Bundesverwaltungsgericht hat den Ausbau nach einer Klage von Umweltschützern vorläufig gestoppt.

Die Position von Hamburgs Industrie ist eindeutig: "Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet für Hamburg einen großen Schaden. Auf den Wirtschaftsstandort Deutschland kommen schwere Zeiten zu, wenn jedes größere Infrastrukturprojekt durch Umweltverbände verhindert werden kann", sagt Michael Westhagemann, Vorstandsvorsitzender des Industrieverbands Hamburg. Auch der Senat sieht keine Alternative: "Wir wollen die Elbvertiefung. Sie ist für unsere wirtschaftliche Entwicklung von zentraler Bedeutung", sagt Bürgermeister Scholz. Eine Halbierung der Elbvertiefung, wie sie zwischendurch diskutiert wurde, komme nicht infrage. "Wir wissen, wie groß und wie tief die Schiffe sind, die nach Hamburg kommen."

Bei den Logistikunternehmen wirkt sich die Unsicherheit bereits aus. "Die Verzögerungen bei der Elbvertiefung werden uns auch im laufenden Geschäftsjahr belasten", sagt HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters. Das Tor zur Welt - es soll offen bleiben.