Zehn Künstler sind in Gotteshäuser im Norden gezogen. Siebdrucker Thomas Klockmann ist zu Gast in Duvenstedt

Es ist fast ein meditativer Prozess, als Thomas Klockmann seine Siebdrucke an diesem Apriltag in der Cantate-Kirche aufhängt. Eins nach dem anderen arrangiert er neben dem Altar. Von oben, durch ein Kreuz aus rotem Glas, fällt Licht in den hohen Kirchenraum, beleuchtet auch seinen Bilderfries. "Vom Anfang der Sonne bis zu ihrem Niedergang" hat der Hamburger die Serie genannt, die er als Artist in the Parish - als Künstler in der Kirchengemeinde Duvenstedt - gestaltet hat. Alles fügt sich in diesem Moment wie zu einem Gesamtkunstwerk.

Der Kirchentag schafft neue Verbindungen, zwischen Kunstschaffenden und Kirchengemeinde. Die einen finden kaum geeignete, bezahlbare Atelierräume und Ausstellungsmöglichkeiten, die anderen ringen um neue Raumnutzungskonzepte - das passt, erkannte der Regionale Kulturbeirat der Nordkirche und initiierte ein ungewöhnliches Experiment: Zehn ausgewählte Künstler sind zu Gast in Gotteshäusern zwischen Hamburg, Lübeck und Usedom. "Die Bandbreite ist beeindruckend", sagt Georg Büsch, der das Kulturprogramm organisiert. "... und ,Hamburg, was glaubst du?' ist eine Frage, die nicht nur mit Worten beantwortet werden kann, sondern auch mit Skulpturen, Gemälden, Fotos, Opernarien, Installationen oder bunten Bauten aus Regenschirmen."

Thomas Klockmann macht sich mit seinen Siebdrucken an die ganz grundsätzlichen Fragen, etwa danach, was die Erde noch mit dem Paradies zu tun hat, als das sie erschaffen wurde. "Ich glaube, wir leben immer noch von und mit den alten Geschichten, die schon seit langer Zeit - auch in der Bibel - erzählt werden", sagt der 58-Jährige, der sich ganz bewusst für das Kirchenkunst-Experiment beworben hatte. Im Mittelpunkt seines Fries' in der Cantate-Kirche hängt eine großformatige Arbeit. Eine Männergestalt ist zu sehen, von der ein mehrfach verwobener roter Faden einmal über das Bild bis zu einer nebulösen, nur durch eine Umrisslinie gehaltenen, Figur verläuft. "Adam hat sich weit von seinem im Universum verborgenen Schöpfer entfernt", sagt der Grafiker.

Mehrfach war er in den vergangenen Wochen in Duvenstedt, führte Gespräche mit Pastor Peter Fahr. "Ich finde es sehr interessant, was sich entwickelt hat", sagt der Theologe jetzt. "Dadurch kann eine Diskussion in Gang kommen." Am 20. April lädt Klockmann die Gemeinde zu einem Collage-Workshop ein, um künstlerisch über den eigenen Glauben zu reflektieren.

In einem zweiten Kirchentagsprojekt in St. Immanuel auf der Veddel hat der Künstler eine weitere Mitmachaktion initiiert, um die Menschen in dem hauptsächlich muslimisch geprägten Stadtteil mit der evangelischen Kirche in Verbindung zu bringen. Noch bis Mai breitet die von ihm gestaltete "Veddeler Madonna" ihren Schutzmantel in der Kirche aus, unter den die Menschen ihre Wünsche stellen können.

Auch an anderen Orten ist in den vergangenen Wochen Neues entstanden. So arbeitet der Altonaer Bildhauer Volker Lang derzeit in Altengamme an einer Holzskulptur für die Kirche. Nadine Hellriegel wird als Gast in St. Emmaus in Norderstedt und in der Reiherstieg-Kirchengemeinde in Wilhelmsburg eine biblische Oper aus der Hamburger Barockzeit mit Kindern und Jugendlichen nach 300 Jahren erstmals wiederaufführen.

In der Duvenstedter Cantate-Kirche rückt Thomas Klockmann noch mal einen seiner Drucke im Altarraum zurecht. "Ich bin gespannt darauf, wie meine Arbeiten in die Gemeinde wirken", sagt er - und geht. Für diesen Tag.