Felix Kubin verneigt sich vor der guten alten Cassette

Das Radio ist für Felix Kubin das wichtigste Medium für seine Musiksozialisation gewesen. "Ende der 70er und in den 80er-Jahren war Radio aufregend", sagte er im britischen Magazin "Wire", das 2010 eine Titelgeschichte über den Hamburger Elektro-Avantgarde-Künstler gebracht hat. Kubin beschreibt darin unter anderem, wie er als Elfjähriger das komplette Residents-Album "The Mark Of The Mole" am Nachmittag aus dem Radio mit einem Kassettenrekorder aufgenommen hat. Seit Anfang 2012 werden keine Audiokassetten mehr produziert. Damit hat auch das geliebte Mixtape ausgedient.

Mit der Komposition "Mein Chromdioxidgedächtnis", die er am 3. Mai im Rolf-Liebermann-Studio im Rahmen der Reihe "das neue werk" aufführt, will der 43 Jahre alte Künstler an seine glücklichen Radiotage erinnern. Mit diesem Konzert wird auch das Festival "blurred edges" eröffnet, das bis zum 18. Mai läuft. Kubin wird an diesem Abend von Ninon Gloger (Klavier, Klangeffekte) und Steve Heather (Schlagzeug, Klangeffekte) begleitet. Er selbst bedient den Kassettenrekorder und ist außerdem für die Elektronik verantwortlich.

Aus unzähligen eigenen Archivaufnahmen, die von Anrufbeantwortertexten bis zu frühen Vier-Spur-Kompositionen reichen, komponierte Felix Kubin ein radiophonisches Hörstück, das die Compact Cassette mit all ihren Klangeigenschaften untersucht. Die galten übrigens nicht als besonders hochwertig, weil viele Aufnahmen rauschten. Nach "Mein Chromdioxidgedächtnis" spielen Kubin und das Mineralorchester im zweiten Teil des Abends das Stück "Musik für Theater und Hörspiel". Es setzt sich aus verschiedenen Kompositionen für Theater- und Hörspielproduktionen zusammen, die Kubin über die Jahre unter

anderem für Schorsch Kamerun, Beate Andres und Xentos Bentos aufgenommen hat.

Seit mehr als 20 Jahren experimentiert Felix Kubin bereits mit Klängen. International gilt er als einer der wichtigsten Klangkünstler der Gegenwart, der regelmäßig zu Festivals mit elektronischer und Neuer Musik eingeladen wird. Ein wichtiger Einfluss waren für ihn Bands der Neuen Deutschen Welle wie Die Tödliche Doris oder Der Plan, später entdeckte er Komponisten der Neuen Musik wie Yannis Xenakis, Luigi Nono und Karlheinz Stockhausen. Seine Auffassung von Musik geht über die übliche Vorstellung eines organisierten Schallereignisses weit hinaus: "Man kann jeden Klang als Musik wahrnehmen."

Felix Kubin 3.5., 20.00, Rolf-Liebermann-Studio. Karten zu 14,- unter T. 0180/178 79 80 oder www.ndrticketshop.de Das nächste Konzert bei "NDR das neue werk": Steffen Schleiermacher 12.6.