Die großen Liedinterpreten Goerne und Eschenbach begleiten kleinere Ballette

Es verspricht ein außergewöhnliches Ereignis zu werden: Denn was der Bariton Matthias Goerne und der Pianist Christoph Eschenbach mit dem Hamburg Ballett in der "Gala für Stimme, Klavier und Tanz" tun, kann man nicht wirklich Begleiten nennen. Nein, der berühmte Sänger und der international gefragte Dirigent agieren im Zusammenspiel mit dem Ensemble selbst als präsente Protagonisten auf der Staatsopernbühne.

Kürzere Choreografien John Neumeiers aus den 1970er-Jahren stehen auf dem Programm. Die Frühwerke in kleiner Besetzung waren selten zu sehen. Sie sind jedoch Ausnahmeballette, wichtig für den Choreografen und erinnern an dessen erste Jahre.

Die 1974 uraufgeführte Choreografie zu Robert Schumanns "Kinderszenen" konzipierte Neumeier als Intermezzo zur abendfüllenden Collage "Meyerbeer-Schumann". Darin konfrontierte er die Welten zweier Antipoden in der Musikgeschichte, den Schöpfer der effekt- und prunkvollen Grand opéra und den gemütskranken Romantiker mit dem poetischen Kompositionsstil. Der Abend wurde kein Erfolg, überlebt haben einzig die Tanzszenen zu Schumanns Klavierzyklus, schon damals gespielt von Christoph Eschenbach.

Nach dem durchschlagenden Erfolg der "Dritten Sinfonie von Gustav Mahler" choreografierte Neumeier dessen "Rückert-Lieder". Sie sind nun in einer Neufassung und der Interpretation durch die beiden erfahrenen, sowohl aufeinander eingespielten wie exzellenten Liedinterpreten Matthias Goerne und Christoph Eschenbach zu erleben.

Den Tanzabend eröffnet die Psychostudie "Vaslaw", zu der Neumeier ein nie realisierter Ballettentwurf Nijinskys inspirierte. Er entwickelte sie 1979 mit dem Étoile der Pariser Oper Patrick Dupond zu Sätzen aus dem "Wohltemperierten Klavier" und der "Französischen Suite". In der Arbeit mit Dupond und seinen enormen technischen Fähigkeiten, hätte sich der zunächst formale Charakter der Choreografie stark verändert, notierte Neumeier in Probennotizen. Fragmente berühmter Rollen Nijinskys hätten sich eingeschlichen. "Der Instinkt Duponds verhalf mir zu diesem Miniporträt Nijinskys, das nicht geplant war."

Im Kern enthält "Vaslaw" Elemente, die er 21 Jahre später in der Leben und Werk ineinanderwebenden "Nijinsky"-Biografie zum grandiosen Ballett entfaltete. Eine Choreografie kann die choreografische oder gedankliche Keimzelle für eine nächste enthalten. Bei Neumeier kein Einzelfall.

"Gala für Klavier, Stimme und Tanz" 22.6., 19.30, Staatsoper, Karten zu 5,- bis 119,- unter T. 36 68 68