Die Ereignisse in der Euro-Krise nähren die Sorgen wohlhabender Anleger. Für exklusive Banken ist die Herausforderung jetzt besonders groß.

In Zypern hat die Europäische Union klar gemacht, dass auch Enteignungen von Bankkunden ein Mittel sein können, um die Krise in den Griff zu bekommen. Nun geht die Angst um, dass auch in anderen Ländern solche Teilenteignungen möglich werden könnten. „Europas Bürger müssen nun um ihr Geld fürchten“, warnte der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger in einem Interview. Noch ist bei deutschen Privatanlegern keine Panik ausgebrochen, und das ist auch gut so. „Kunden, die sich von Panik und Euphorie leiten lassen, werden langfristig ihr Kapital mindern“, mahnt Sibylle Peter aus der Geschäftsführung der Schweizer Bank Aquila & Co., die für Family Offices und Vermögensverwalter tätig ist, zur Ruhe.

Dabei hat die Enteignung längst begonnen. Ganz ohne politischen Eingriff. Seit Jahren halten die Notenbanken die Zinsen unterhalb der Inflationsrate und sorgen so für eine Umverteilung des Vermögens von den Sparern zum Staat. Während die Inflation Spareinlagen Tag für Tag entwertet, können sich bonitätsstarke Staaten wie die Bundesrepublik dank niedriger verzinster Staatsanleihen billig bei ihren Bürgern verschulden. Allein in Deutschland haben Sparer rund die Hälfte ihrer 4,7 Billionen Euro Geldvermögen in sichere Zinsanlagen wie Sparbücher, Tagesgeldkonten oder Bundesanleihen investiert. Die negativen Realzinsen vernichten davon jedes Jahr still und heimlich rund 40 Milliarden Euro.

Für die Vermögensverwalter und Privatbanken ist das eine enorme Herausforderung. Sie müssen für ihre Kunden unter dem Strich mindestens vier Prozent erwirtschaften, um das Vermögen nach Abzug von Steuern, Kosten für die Vermögensverwaltung, Inflation und kalter Enteignung zu erhalten. Das Dilemma wird nicht einfacher, da viele Kunden die Sicherheit der Anlage nach wie vor als das wichtigste Gut ansehen. „Die Risikobereitschaft der Kunden ist nach wie vor sehr gering“, beobachtet Jörg Laser, Vorstand der Privatbank Donner & Reuschel. Doch für sichere Anlagen gibt es nun mal kaum Zinsen. Zehnjährigen Bundesanleihen rentieren bei 1,4 Prozent und damit deutlich unter der Inflationsrate. Vielen Kunden werde langsam klar, dass diese niedrigen Zinsen keine kurzfristige Erscheinung seien, „sondern noch sehr lange andauern könnten“, so Laser. „Anleger müssen akzeptieren, dass in Zeiten finanzieller Repression die erzielten Renditen der vergangenen Jahre zukünftig nur mit höheren Risiken zu erwirtschaften sind“, erklärt Daniel Fechtelpeter, Leiter des Anlagemanagements beim Bankhaus Lampe in Düsseldorf.

Die meisten Vermögensexperten raten ihren Kunden derzeit zur größtmöglichen Streuung des Vermögens, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Hochzinsanleihen, dividendenstarke Aktien und alternative Investments wie Rohstoffe, Gold oder Immobilien gehören zu den Favoriten der Anlageberater. „Um die Kaufkraft zu erhalten, muss der Anleger einen Schritt ins Risiko wagen und breit diversifiziert Unternehmens- und Hochzinsanleihen sowie Aktien in das Portfolio aufnehmen“, rät etwa Walter Schwinghammer, Leiter des Privatkundenvertriebs in Deutschland für die Bank für Tirol und Vorarlberg (BTV). In diesem Jahr sieht er Ertragschancen bei Hochzinsanleihen und am Aktienmarkt.

„In diesem Umfeld muss man Aktien haben“, ist auch Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer der Frankfurter Privatbank Hauck & Aufhäuser, überzeugt. Die seien immer noch günstig bewertet. Zudem hätten private wie institutionelle Anleger noch Nachholbedarf bei der Anlage. Um international aufgestellt zu sein, packt Pfingsten zudem fremde Währungen ins Depot; gerne von wachstumsstarken Volkswirtschaften abseits von Dollar, Pfund oder Schweizer Franken.

Bei festverzinslichen Anlagen tendieren die Experten zu hochverzinslichen Papieren. Allerdings sollten Anleger lange Laufzeiten meiden. Eine deutliche Inflation sei zwar derzeit kein Thema, doch „ab Anfang beziehungsweise Mitte 2014 müssen Anleger wachsam sein und sich mit der Inflationserwartung für die kommenden Jahre auseinandersetzen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Inflationsschutz treffen“, so Schwinghammer.

Eine breite Streuung dürfte auch der beste Schutz gegen Vermögensenteignungen sein. Denn das Hauptrisiko ist nach wie vor die Politik. Bisher haben die Notenbanken den Regierungen vor allem Zeit erkauft, um notwendige Reformen umzusetzen. Doch das nutzen längst nicht alle. Sei es der Haushaltsstreit in den USA, der große Euro-Nachbar Frankreich, der notwendige Reformen vor allem auf dem Arbeitsmarkt nicht umsetzt oder Italien, das keine funktionierende Regierung zustande bringt – Baustellen gäbe es genug, eine Lösung zeichnet sich nicht ab.

Sicher ist aber: Dem staatlichen Zugriff auf das Vermögen in Form von Steuern und Abgaben kann ein Anleger nur wenig entgegensetzen. „Es gibt keinen absoluten Schutz“, weiß Marcus Zuhorn, Vorstand der Schweizer BSZ AG Vermögensmanagement. Vor allem immobile Sachwerte sind dem Zugriff des Staates schutzlos ausgeliefert. In den USA wurde der private Goldbesitz schon einmal verboten und auch in Deutschland gab es nach dem Zweiten Weltkrieg Erfahrungen mit Zwangsdarlehen auf Immobilien. Solche extremen Ereignisse scheinen aus heutiger Sicht kaum möglich. Doch die Märkte sind eng miteinander verflochten, das Kapital ist flüchtig, und großen institutionellen Anleger werden bei entsprechenden politischen Großlagen schnell reagieren, umschichten und damit andere Teilmärkte wiederum stark beeinflussen. Deshalb rät Experte Zuhorn: „Um auf gesetzliche Eingriffe oder plötzliche Marktveränderungen reagieren zu können, sollten die Anlagen schnell in eine andere Assetklasse umzuschichten sein.“

Darum sehen manche Vermögensverwalter Immobilien zunehmend skeptisch. „Sie binden oftmals einen Großteil des Vermögens langfristig und machen damit das Portfolio unbeweglicher und anfälliger für Marktrisiken“, sagt Schwinghammer. Zumal die Renditen bescheiden sind. „Mir ist eine Aktie mit einer Dividendenrendite von vier Prozent lieber als eine Immobilie mit einer Mietrendite von drei Prozent“, sagt Pfingsten. Auch beim Gold sind die Experten skeptisch, trotz der vermeintlichen Eigenschaft als Sicherheitswährung. Als reine Absicherung sollte der Anteil nicht mehr als fünf bis zehn Prozent im Portfolio ausmachen.

Das Geld direkt ins Ausland zu bringen, scheint ebenfalls keine Lösung mehr zu sein. Die Enteignungsdiskussion in Zypern könnte sogar dafür sorgen, dass Gelder aus dem Ausland eher wiederzurückgebracht werden, glaubt Laser. Wenn das Geld in der Nähe liegt, scheint es eben doch am sichersten.