Keine Frage von Größe. BSU-Komplex und Mühlen-Backhaus entfalten ihren ganz eigenen optischen Reiz

Das eine ist ein technisches Kulturdenkmal, das andere ein hochmoderner Verwaltungsbau. Mit 61.000 beziehungsweise 61 Quadratmetern Bruttogeschossfläche sind sie das größte und das kleinste Projekt der IBA: der Neubau der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) und das Backhaus der historischen Windmühle Johanna. Einem architektonischen Ausrufezeichen gleich erhebt sich der farbenfroh geschwungene Bau der BSU aus der Mitte Wilhelmsburgs. 13 Stockwerke reckt sich der Hauptturm des Verwaltungsgebäudes in die Luft, das übrige Gebäude schlängelt sich fünfgeschossig 200 Meter die Neuenfelder Straße entlang. Die schwarze Fassade ist mit Bändern aus bunten Kacheln aufgelockert - ein Markenzeichen der Architekten Sauerbruch Hutton, die 2009 einen von der Sprinkenhof AG europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatten.

Der 192-Millionen-Euro-Bau gilt als beispielhaft für ein modernes Verwaltungsgebäude: Jeweils vier Häuser reihen sich aneinander; ausgehend von dem 54 Meter hohen Eingangshochhaus schlängeln sie sich über zwei Flügel nach Norden und Westen. Jedes der acht Häuser besitzt ein Atrium, das Tageslicht hereinlässt und die Orientierung erleichtert. Empfangen werden die Behördenbesucher im Foyer des Eingangsbereichs - dort wird künftig auch das bisher in der Wexstraße präsentierte Hamburger Stadtmodell zu sehen sein.

Der Behördenneubau bietet Platz für 1400 Beschäftigte. Spätestens im Sommer 2013 werden hier Ämter der BSU, die bislang an vier verschiedenen Standorten untergebracht waren, einziehen - ebenso wie der Landesbetrieb für Geoinformation und Vermessung. Künftig unter einem Dach soll sich die Arbeitseffizienz der verschiedenen Abteilungen steigern. Mit einem Primärbedarf von 70 Kilowattstunden je Quadratmeter gehört die BSU zu den sparsamsten Bürogebäuden - deshalb wurde sie bereits im Vorfeld von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit Gold ausgezeichnet. Der Behördenbau gibt sogar Energie ab: Unter dem Vorplatz befindet sich die Zentrale für ein neues Nahwärmenetz, das den gesamten Stadtteil Wilhelmsburg versorgt. Einige der neuen IBA-Gebäude beziehen von dort nicht nur Energie, sondern speisen auch welche ein.

Wilhelmsburg, Neuenfelder Straße,

S3 bis Wilhelmsburg, 7 min Fußweg

In dem kleinen Fachwerkhaus neben der Windmühle Johanna soll eine alte Tradition wieder aufleben: Hier wird demnächst in einem mit Holz befeuerten Steinofen das "Wilhelmsburger Mühlenbrot" gebacken. Früher sollte das Brotbacken dem Müller ein besseres Auskommen sichern - das Backhaus in Wilhelmsburg soll das "Hamburger Erlebnis-Mühlenmuseum" vervollständigen, zu dem die Windmühle an der Schönenfelder Straße ausgebaut wurde. Besucher können hier künftig den Weg des Getreidekorns von der Vermahlung zu Mehl und Backschrot bis hin zur Brotverarbeitung erleben.

Dass die Windmühle einen Namen trägt, zeigt die Bindung der Wilhelmsburger zu diesem Wahrzeichen. Johanna, benannt nach der letzten Müllerin Johanna Sievers, die 2004 als Hundertjährige starb, wurde 1875 erbaut - als mittlerweile fünfte Mühle an diesem Standort. Johanna Sievers konnte noch miterleben, dass "ihre" Mühle 1997 vom Wilhelmsburger Windmühlenverein übernommen wurde. Den hatten engagierte Bürgern gegründet, um das Bauwerk zu retten. Der Windmühlenverein und das Denkmalschutzamt setzten Johanna für mehr als eine halbe Million Euro instand. 1998 wurde die Mühle wieder in Betrieb genommen - und nach 37 Jahren wieder Getreide mit Windkraft gemahlen. Wie die Mühle wird auch das Backhaus vom Wilhelmsburger Windmühlenverein betrieben.

Wilhelmsburg, Schönenfelder Straße 99, S3 bis Veddel, Bus 154 bis Wilhelmsburger Mühle, 4 min Fußweg; Öffnungszeiten unter: www.windmuehle-johanna.de