Logistik ist das spannende Thema der neuen Dauerausstellung im Kaispeicher B

Der Begriff Logistik klingt modern, was er benennt, gibt es aber schon seit Jahrtausenden. Ohne Logistik hätten die Pharaonen ihre Pyramiden nie errichten, Alexander der Große hätte seine Heere niemals bis nach Indien führen können, und die Kaufleute der Hansezeit hätten weder Pelze aus Russland noch Gewürze aus Arabien einführen können und wären auf dem guten Hamburger Bier sitzen geblieben. Logistike heißt im Altgriechischen praktische Rechenkunst , und rechnen sollte man können, wenn man Waren zur richtigen Zeit von einem an einen anderen Ort transportieren will.

Mit starker Unterstützung und in enger Zusammenarbeit mit der Klaus-Michael-Kühne-Stiftung zeigt das Internationale Maritime Museum jetzt eine neue interaktive Dauerausstellung, die dem Besucher auf interessante und sicher manchmal auch auf verblüffende Weise vor Augen führt, was es bedeutet, Waren von A nach B zu transportieren. "Die Welt der Logistik", heißt die Schau, in der der Besucher gleich am Anfang zwischen Geschichte und Gegenwart wählen kann - zwischen der "Salz-Wand" auf der linken und der "Platinen-Wand" auf der rechten Seiten. Salz symbolisiert ein historisch wichtiges Transportgut und steht damit für die logistischen Leistungen der Vergangenheit. Die Platine steht für die heutige Logistik, deren Rahmenbedingungen im ersten Raum auf einer großen Plexiglaswand mit vier Monitoren vorgestellt werden. Dort läuft jeweils eine Diaschau zu den vier wichtigen Transportträgern: Schiff, Flugzeug, Lastwagen und Eisenbahn und den Bereichen Seefracht, Luftfracht, Straße und Schiene. Den nächsten Raum dominiert ein blau beleuchteter Glasquader, auf dem das große Modell eines Containerschiffs der Reederei Hapag-Lloyd zu schweben scheint. Dass sich die Sache nicht nur pragmatisch, sondern auch beinahe philosophisch betrachten lässt, zeigen am Sockel des Glasquaders zwei Zitate: "Bewegung ist die Seele aller Dinge" von dem Maler Paul Klee und "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige" von dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler.

Leicht gesagt, könnte man meinen, denn wie erkennt man das richtige Tempo? Dass es hier nicht nur um den Weg von A nach B, sondern um vielfältige Interdependenzen geht, verdeutlicht an der rechten Wand eine Weltkarte aus Kaffeebohnen. Sie sind unterschiedlich gefärbt und zeigen damit auf, wie das geänderte Verhalten der Konsumenten auch die Logistik verändert hat. Früher war die Sache klar: Erzeugt wurde der Kaffee in Afrika und in Südamerika, dann ging es Richtung Norden zu den Konsumenten in Westeuropa und Nordamerika. Unter dem Motto "Café Global - Die Bohne boomt", erfährt man, dass die Globalisierung damit längst Schluss gemacht hat, denn heute wird Kaffee auch in den asiatischen Metropolen, in Osteuropa und in den Ölstaaten des Nahen Osten konsumiert. In Brasilien ist diese Entwicklung besonders stark zu beobachten: Während früher der größte Teil der Ernte exportiert wurde, gibt es inzwischen in Städten wie Rio, São Paulo oder Brasilia immer mehr junge Leute aus der sich entwickelnden Mittelschicht, die auf guten Kaffee Wert legen, sodass der Konsum im eigenen Land immer schneller ansteigt. Und wie steht es in Deutschland? Jeder Bewohner der Bundesrepublik trinkt laut Statistik pro Jahr durchschnittlich 149 Liter. Im Hamburger und im Bremer Hafen werden pro Jahr etwa 1,1 Millionen Tonnen Rohkaffee gelöscht, das sind mehr als 18 Millionen 60-Kilo-Säcke. Weltweit transportieren Frachtschiffe übrigens 110 Millionen Säcke Rohkaffee.

Wie genau die Kaffeebohnen vom Produzenten zum Konsumenten gelangen, wird in dem Bereich linker Hand der Weltkarte beschrieben. Der Transport verläuft in einer Kette mit Knotenpunkten, Ziel ist es, die richtige Menge mit der richtigen Qualität zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen. Das veranschaulicht ein 3,15 Meter langes Diorama, auf dem im Maßstab 1:1250 die wichtigsten Knotenpunkte von den Produktionsstätten bis zu den Verbrauchern gezeigt werden. Solche Abläufe stecken voller Dramatik, erfordern ebenso schnelle wie sachgerechte Entscheidungen und basieren auf einer globalen Aufgaben- und Arbeitsteilung. Davon erzählt ein eigens produziertes Hörspiel, das man sich auf bequemen Sitzmöbeln anhören kann.

Eine zweite Weltkarte wird nicht mehr aus Kaffeebohnen gebildet, sondern aus Begriffen, von denen manche dem Besucher nicht besonders vertraut sein dürften. Aber das macht nichts, denn dieses "A bis Z der Logistik" erklärt sich sozusagen selbst. Die Besucher können die einzelnen Begriffe auf einem Touchmonitor abrufen und sie sich dann erläutern lassen. So fügen sich die einzelnen Mosaiksteine zu einem Gesamtbild, das etwas Komplexes ergibt, und vor allem deshalb staunen macht: Logistik ist eine enorme Herausforderung, die 24 Stunden am Tag bewältigt werden muss. Sie verbindet Länder und Kontinente und macht die Welt zu einem globalen Dorf, in dem zwar nicht jeder jeden kennt, aber alles jederzeit verfügbar ist oder zumindest innerhalb von kurzer Zeit beschafft werden kann.

Und dass das Schiff als Transportmittel dabei eine ganz zentrale Rolle spielt, wird niemand so leicht übersehen, denn an der Stirnseite des Ausstellungsraums "fährt" ein Containerschiff in die Ausstellung. Auf einem Monitor, der in das großformatige Bild eingelassen ist, zeigen verschiedene Videos Arbeitsabläufe im Hamburger Hafen. Da zeigt ein Film im Zeitraffer, wie geisterhaft schnell Schiffe am Container-Terminal Altenwerder anlegen und dann abgefertigt werden. Romantisch ist Logistik sicher nicht, faszinierend aber allemal.

"Die Welt der Logistik" ab 28.2., Internationales Maritimes Museum Hamburg, Koreastraße 1, Di/Mi, Fr-So 10.00-18.00, Do 10.00-20.00