Ein Gespräch mit Lisa Kosok über das Erneuerungskonzept ihres Hauses

Das Museum für Hamburgische Geschichte will neue Wege gehen. Doch dieses Erneuerungskonzept soll nicht einfach beschlossen, sondern zuvor der Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt werden. Dazu wird es eine Ausstellung und zu deren Abschluss ein Magazin geben. Wie erfindet man ein Museum neu? Und wie sorgt man dafür, dass die Menschen es nicht nur als historisches Gedächtnis erleben, sondern auch als Zukunftslabor in Besitz nehmen? Wir fragten Lisa Kosok, die Direktorin des Hauses am Holstenwall.

Hamburger Abendblatt:

Am 25. April eröffnen Sie die Ausstellung "Wohin mit der Stadt?" Müsste sie nicht eher "Wohin mit dem Museum?" heißen? Es geht doch um die Erneuerung Ihres Hauses.

Prof. Lisa Kosok:

Uns geht es um die Doppeldeutigkeit des Titels, der das Museum und sein Thema benennt. "Wohin mit der Stadt?", fragt einerseits danach, wohin sich die Stadt perspektivisch entwickelt. Aber andererseits eben auch, wo man die Stadt und Zeugnisse ihrer Geschichte sammelt und für die Zukunft bewahrt.

Zumindest auf die Frage nach dem Wo, kann es aus Ihrer Sicht nur eine Antwort geben.

Kosok:

Ja, natürlich ist das Museum der richtige Ort. Aber es stellt sich auch die Frage, welche Geschichte, welche Überlieferung wir sammeln. Denn zu uns gelangt immer das, was in einer bestimmten Zeit unter bestimmten Bedingungen für wertvoll und sammelbar erachtet wird. Auch wenn wir vieles darüber wissen, wollen wir diese Frage nicht allein beantworten, sondern uns damit an die Menschen in dieser Stadt wenden.

Wird das Museum für Hamburgische Geschichte als das historische Gedächtnis dieser Stadt akzeptiert?

Kosok:

Eine Umfrage bestätigt nachdrücklich, dass uns die Besucher die Kompetenz für die Darstellung der Geschichte dieser Stadt geben. Die Frage ist, ob das, was wir tun, den Menschen ausreicht. Und hier hat die Umfrage gezeigt, dass sich die Besucher noch mehr Hamburg-Themen wünschen.

Geht es um mehr oder um andere Themen aus der Stadtgeschichte?

Kosok:

Unter Umständen erwähnt das Haus bestimmte Themen nicht, die viele Menschen dargestellt wissen möchten. Das wollen wir klären und gegebenenfalls ändern.

Wird das jetzt etwa 100 Jahre alte Museumsgebäude im Stadtraum angemessen wahrgenommen?

Kosok:

Leider überhaupt nicht. Dieses Gebäude mit seiner sehr signifikanten und bedeutungsträchtigen Architektur von Fritz Schumacher könnte eine enorme Präsenz entfalten, wenn man es denn sehen würde. Leider ist es durch die inzwischen hoch gewachsenen Bäume der Umgebung im Stadtbild kaum wahrzunehmen. Man sieht die Vorderfront im Vorbeifahren für wenige Sekunden, die wuchtige Rückfront lässt sich allenfalls im Winter überhaupt erkennen.

Was wollen Sie dagegen tun?

Kosok:

Wir arbeiten an einem Freiraumkonzept, das Schneisen und Blickachsen auf das Gebäude eröffnet.

Wie groß sind die Chancen dafür?

Kosok:

Die stehen gar nicht schlecht. Auch weil es eine Sielbaustelle gibt, die von hier aus versorgt wird. Noch in diesem Jahr besteht die Notwendigkeit, die Umgebung neu zu gestalten. Ich bin mit Oberbaudirektor Jörn Walter im Gespräch und denke, dass sich nach Abschluss der Sielbauarbeiten die Chance eröffnen wird, das Umfeld des Hauses positiv zu verändern.

Wäre es nicht auch sinnvoll, das Gebäude im wörtlichen Sinn in ein besseres Licht zu rücken?

Kosok:

Wir haben - von der Handelskammer gesponsert - eine Beleuchtung der Straßenfassade bekommen. Leider betrifft das nur die Fassade, die unmittelbar an den Holstenwall grenzt. Die Südostfassade und die Parkseite verschwinden nach wie vor im Dunkel. Mit einer guten Lichtgestaltung ließe sich eine Menge erreichen. Auch der Vorplatz könnte durch mehr Helligkeit viel attraktiver wirken und dadurch auch stärker wahrgenommen werden. Doch auch das wäre Teil des Freiraumkonzepts.

Was steht dabei im Mittelpunkt?

Kosok:

Wir wollen neue Zugänge schaffen, im physischen, aber auch im übertragenen Sinn. Wir wollen zum Beispiel, dass die Eingangssituation künftig offen, einladend und auch barrierefrei ist. Wir wollen auch, dass unsere Inhalte zugänglich sind. Dass viele Menschen bei uns erfahren, wie spannend, interessant und vielfältig die Geschichte und die Perspektiven der Stadt sind.

Was können die Hamburger in absehbarer Zeit an Erneuerung von Ihrem Museum erwarten?

Kosok:

In der Ausstellung "Wohin mit der Stadt?" präsentieren wir, was wir uns überlegt haben. Und das stellen wir auch zur Diskussion.

Wie wollen Sie das kommunizieren?

Kosok:

Wir werden ab Mitte März einen Blog schalten, der dazu einlädt, über die Erneuerung unseres Museum zu diskutieren. Es gibt auch in der Ausstellung die Möglichkeit, auf ganz unkomplizierte Weise über Themen abzustimmen. Außerdem planen wir Veranstaltungen. Die Ergebnisse werden wir in einem gedruckten Magazin vorstellen, das während der Ausstellung produziert und an deren Ende erscheinen wird.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Wie wird das Hamburgmuseum in fünf Jahren aussehen?

Kosok:

Im Jahr 2018 ist das Museum schon aus großer Entfernung gut zu sehen. Der barrierefreie Eingang wirkt offen und einladend auf die Besucher. Das Erdgeschoss wird viel heller und großzügiger sein als heute, außerdem wird man sich viel besser im Haus zurechtfinden. Die Dauerausstellungen sind auf allen Etagen neu gestaltet, die Gastronomie ist auf die Parkseite verlagert. Insgesamt präsentieren wir uns als ein komplett erneuertes modernes Stadtmuseum, in dem Touristen und Hamburger viel über die Geschichte dieser Stadt erfahren, sich auch mit der Frage beschäftigen können, wohin sich Hamburg entwickeln soll.