Alle Kinder kommen in die Pubertät, eine Herausforderung für Väter und Mütter. Ein paar Tipps für mehr Gelassenheit

Es ist eine ganz normale Entwicklung, dennoch empfinden Eltern die Pubertät ihrer Kinder als harte Prüfung. Wie sie diese einigermaßen gut überstehen können, erklärt Andrea Grüßing von der Erziehungsberatungsstelle der Caritas in Hamburg.

1. Ab wann beginnt die Pubertät bei Jugendlichen?

Andrea Grüßing:

Es gibt keinen festen Zeitpunkt, an dem die Pubertät beginnt. Aber oft fängt sie bei Mädchen etwa ab dem zehnten Lebensjahr und bei Jungen ab dem zwölften Lebensjahr an. Für die Jugendlichen bringt diese Entwicklungsphase große Unsicherheiten und Verletzlichkeit mit sich. Manche ziehen sich zurück in ihr verdunkeltes, ungelüftetes Zimmer, andere unternehmen plötzlich sehr viel mit Freunden.

Viele Eltern bemerken die Pubertät bei ihren Kindern einerseits durch die körperlichen Veränderungen - Wachstum der Brüste beim Mädchen, erster Samenerguss beim Jungen - und auch durch Stimmungsschwankungen.

2. Das Kind ist zunehmend aggressiv, wie können Eltern darauf reagieren, ohne es eskalieren zu lassen?

Grüßing:

Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kindern gehören dazu und lassen sich nicht vermeiden. Dabei geht es auch mal hoch her. Dennoch ist es wichtig, dass Eltern nicht ihre eigenen Grenzen außer Acht lassen. Wenn sie das Gefühl haben, das Kind überschreitet diese Grenzen durch aggressives Verhalten, dann sollten sie es ganz deutlich sagen. Dies muss nicht unbedingt in der Streitsituation passieren. Man kann auch später, wenn sich die Anspannung gelegt hat, nochmals das Gespräch mit dem Kind suchen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.

3. Es gibt nur noch Machtkämpfe, das Kind kommt später als verabredet, nimmt die Eltern nicht ernst. Wie kann man dafür sorgen, dass das Kind die Regeln einhält?

Grüßing:

Zur Pubertät gehört es auch dazu, Grenzen auszutesten. Die Jugendlichen benötigen einen gewissen Freiraum, um ihre Persönlichkeit entwickeln zu können. Für Eltern ist es natürlich trotzdem wichtig, bestimmte Grenzen zu setzen und sich um das Wohlergehen ihres Kindes zu kümmern. Ob das Kind die Grenzen auch einhält, können sie kaum beeinflussen. Man sollte aber die Missachtung der Grenzen nicht als persönliche Kränkung annehmen, sondern bei der Sache bleiben. So können Eltern dem Kind erklären, warum es ihnen wichtig ist, dass es nicht mitten in der Nacht nach Hause kommt. Man sollte aber auf keinen Fall versuchen, eine freundschaftliche Beziehung zum Kind zu bekommen, indem man ihm besonders viel erlaubt oder versucht, Konflikte zu vermeiden.

4. Das abweisende Verhalten des Kindes ist verletzend, die Clique ist plötzlich wichtiger als die Eltern, wie kann man sich dagegen wappnen?

Grüßing:

Viele Eltern erleben die Zurückweisung durch ihre Kinder als verletzend, da sie erkennen, dass ihre Kinder nicht mehr auf sie angewiesen sind. Das ist verständlich. Aber für das Kind geht es in dieser Phase um eine Ablösung von den Eltern. Nehmen Sie es nicht persönlich. Wenn Eltern versuchen, zwischen ihrer Elternrolle und ihrer Person zu unterscheiden, dann fällt es leichter, die Verletzungen auszuhalten. Wenn man hört, dass auch die Kinder aus dem Freundeskreis die Nerven der Eltern stark strapazieren, relativiert dies schon vieles. Man fühlt sich nicht mehr so allein.

5. Schule ist die unwichtigste Sache der Welt, wie kann ich verhindern, dass mein Kind schulisch abstürzt?

Grüßing:

In der Pubertät fällt es manchmal schwer, sich auf die Schule zu konzentrieren, da plötzlich andere Sachen - Freunde, erste Beziehung, körperliche Veränderungen - wichtig werden. Aber Eltern sollten darauf vertrauen, dass auch diese Zeiten vorbeigehen. Die wichtigsten Grundlagen haben sie in der Erziehung ihres Kindes bereits gelegt. Wenn es in der Schule zu größeren Schwierigkeiten kommt, dann sollten Eltern ihrem Kind Unterstützung anbieten. Sie können bei den Hausaufgaben helfen oder Nachhilfe organisieren, natürlich in Absprache mit dem Kind.

6. Sollte man mit dem Kind noch über Sex und Verhütung reden?

Grüßing:

Auf jeden Fall sollte man mit dem Kind über Liebe, Sex und Verhütung reden. Das Thema Sex sollte kein Tabuthema sein. Gleichzeitig sollte natürlich die Intimsphäre des Kindes gewahrt werden. Eltern sollten ein offenes Ohr für Fragen und Unsicherheiten haben, aber dem Kind auch den Freiraum lassen, den es benötigt.

7. Das Jugendzimmer verkommt zum Müllhaufen, wie schafft man es, dass das Kind aufräumt?

Grüßing:

Man kann dem Kind deutlich sagen, dass man sich mehr Ordnung in seinem Zimmer wünscht. Aufräumen muss das Kind selber. Man sollte überlegen, wie wichtig dieser Streit wirklich ist. Denn Auseinandersetzungen kosten die Eltern viel Kraft, und es lohnt sich zu überlegen, an welcher Stelle man diese investieren möchte.