Die Ausstellung “Eine Wohnung für uns!“ zeigt genossenschaftliches Leben

Der Wunsch der Hamburger nach bezahlbaren Wohnungen besteht nicht erst, seit auf den aktuellen "Mietenwahnsinn" hingewiesen und sozialer Wohnungsbau stärker ins Gespräch gebracht wird. Das Museum der Arbeit widmet sich im Internationalen Jahr der Genossenschaften in seiner Ausstellung "Eine Wohnung für uns!" der Geschichte der Baugenossenschaften und ihrer Bedeutung für die Stadtentwicklung und Wohnkultur in Hamburg.

"Wir versuchen das Thema über beispielhafte Ensembles darzustellen und symbolhaft zu arbeiten", erklärt Kurator Stefan Rahner. Und so muss man die 650 Quadratmeter nicht an einem Zeitstrahl ablaufen, der die lineare Entwicklung aufzeigt, sondern blickt in exemplarische Wohnsituationen. In stilisierter Form werden Wohn-Dioramen vergangener Jahrzehnte mit Exponaten wie der "Frankfurter Küche" aus den 1920er-Jahren gezeigt.

Dabei erlauben die Wohnungen auch Rückschlüsse auf die familiären Strukturen ihrer jeweiligen Zeit. Denn die Genossenschaften reagierten in der Architektur von Häusern, Wohnungen und Blöcken stets auf familiäre Bedürfnisse. Und so steht eine alte Waschmaschine auch dafür, wie die Genossenschaften versuchten, Gemeinschaftsräume in ihre Häuser zu integrieren. In den Kellern waren Waschküchen untergebracht, in denen die Bewohner der Häuserblocks zusammenkamen.

Schon im 19. Jahrhundert sorgte eine Explosion der Einwohnerzahlen für akute Wohnungsnot. Während 1842 nach dem großen Brand gerade mal 113 000 Menschen in Hamburg lebten, wuchs diese Zahl in den nächsten 50 Jahren schon auf 640 000 Menschen an. Im Zuge der Industrialisierung kamen viele Tausend Arbeitskräfte in die Stadt, um im Hafen zu arbeiten.

"Natürlich wollten die Arbeiter auch in Hafennähe wohnen", erklärt Rahner, "denn es fuhr noch keine Ringbahn." So kam es, dass sich die Stadt innerhalb der Wallanlagen stark verdichtete, sich hafennah ballte und die Gängeviertel hoffnungslos überfüllt waren. "Die Baugenossenschaften wurden gegründet", so Rahner, "weil es weder von staatlicher Seite noch vom privaten Wohnungsmarkt genügend günstige kleine Wohnungen gab." Der freie Markt konzentrierte sich auf die profitableren großen Wohnungen - damals wie heute. Die Ursprünge der ersten Baugenossenschaft Deutschlands, die Arbeiterwohnungen auf Steinwerder baute, reichen bis ins Jahr 1862 zurück. Ende des 19. Jahrhunderts kamen weitere Baugenossenschaften hinzu, die in Selbsthilfe günstige wie qualitativ hochwertige Wohnungen errichteten.

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts haben die Hamburger Baugenossenschaften das Stadtbild vielfältig geprägt. Die Ballung von Menschen eines Stands, einer Berufsklasse und einer Gesinnung prägte mitunter die politische Tendenz, die noch lange Zeit später in die Stadtteile eingeschrieben war.

Viele Wohn-Standards gelten als Errungenschaften der Baugenossenschaften: von der Warmwasserheizung bis zum Spülklosett. Darüber hinaus entwickelten die Genossenschaften prototypische Hamburg-Bauten wie die "Hamburger Burg", die einen dreiseitig umschlossenen, zur Straße geöffneten Hof bildet und für alle Wohnungen gute Belichtung und Belüftung gewährleistet - ob in Eimsbüttel oder Bergedorf. "Viele dieser Wohnungen konnten sich nur gut ausgebildete Fachkräfte und Beamte leisten, nicht aber ein Schauermann im Hafen mit unbeständiger Beschäftigung", dämpft Stefan Rahner das Lob.

Im Rahmen der Ausstellung kann der Besucher auch selbst aktiv werden. Die Illustratorin und Comiczeichnerin Hilke Raddatz hat für die Ausstellung zwölf "Wohn-Charaktere" entworfen. Auf einem großen Schnitt durch ein typisches Hamburger Mietshaus kann man die Charaktere in alltäglichen und ungewöhnlichen Nachbarschaftssituationen aufeinandertreffen lassen und magnetische Sprechblasen mit eigenen Dialogen beschreiben, um sie den Nachbarn in den Mund zu legen.

Beim "Turmbau zu Barmbek" hingegen können Besucher mit 1500 Holzstäben und 250 Sperrholzplättchen Bauwerke entwerfen und Grundeinsichten in die Baustatik gewinnen. Und wenn das Gebäude nicht mehr gefällt, reißt man es einfach wieder ab. Um Platz für Neues zu schaffen.

"Eine Wohnung für uns! Genossenschaftlicher Wohnungsbau in Hamburg" bis 1.4.2013, Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Mo 13.00-21.00, Di-Sa 10.00-17.00, So 10.00-18.00