Bei “NDR das neue werk“ zeigt die Sopranistin Sarah Maria Sun ihre Wandelbarkeit

Dass Chamäleons über die Wandelbarkeit ihres Äußeren manchmal unglücklich sind, das ist nur in dem Kinderbuch-Klassiker von Leo Lionni verbürgt. Der Mensch jedenfalls neidet dem Chamäleon seine Fähigkeit zur Anpassung an seine Umgebung, zumindest zollt er ihm dafür Respekt. Wenn eine auf Neue Musik spezialisierte Sängerin mit einem wie von Grünspan überzogenen Chamäleon für den Fotografen posiert, verweist sie damit zum einen auf das Exotische ihrer Kunst, zum anderen auf ihre Flexibilität. Und sie landet einen doppelten Hingucker, denn Sarah Maria Sun schiebt das Tier derart vor die Kamera, dass außer ihrem großen linken Auge und einer Marilyn-Monroe-Frisur von ihr selbst aufregend viel im Verborgenen bleibt. Dass sich die Sopranistin auch sonst zu inszenieren weiß, verrät ein Blick auf ihre Website, wo sie mit allerlei Haarfarben und Frisurvarianten zu bewundern ist - und dabei stets ziemlich extravagant aussieht.

Frau Sun begann als Zehnjährige zu singen und studierte später in Stuttgart und Köln. Sie verfügt über ein beeindruckend breites Repertoire an Musik aus den vergangenen gut 100 Jahren, gibt Liederabende und bringt auch fürs Musiktheater die nötige Präsenz und Spielfreude sowie musikalischen Wandlungswillen mit. Zuletzt war Sarah Maria Sun im norddeutschen Raum mit den Neuen Vocalsolisten Stuttgart, deren Erster Sopran sie ist, bei den sommerlichen Musiktagen Hitzacker zu erleben; nun gehört ihr sängerisch die Bühne ganz allein.

Die Reihe "NDR das neue werk" hat für Anfang Dezember im Rolf-Liebermann-Studio als Instrumentalpartner der Sängerin Das Neue Ensemble aus Hannover eingeladen, eine aus sechs Stamm-Mitgliedern bestehende Formation, die ebenfalls vorrangig Musik des 20. und 21. Jahrhunderts spielt. Die Leitung hat ihr Schlagzeuger Stephan Meier.

Im Hauptprogramm erklingen drei Werke über drei Frauengestalten der Antike: "Anaktoria" von Iannis Xenakis (1969) ist ein Instrumentalstück für Oktett, das auf eine Gestalt der Dichterin Sappho gemünzt ist. "Atthis" ist eine Szene für Sopran von Georg Friedrich Haas, der sich ausgiebig mit Obertonharmonien beschäftigt hat. Und in "still and again", drei Arien aus dem Musiktheater "OUTIS" von Hanspeter Kyburz, geht es um die von Odysseus verlassene Penelope.

Im Anschluss lädt "NDR das neue werk" noch zum Nachtstudio, bei dem Sarah Maria Sun ein neues Werk von Iris ter Schiphorst uraufführen wird. Auch Luciano Berios "Sequenza III" und die "Sept crimes de l'amour" von Georges Aperghis hat die wandlungsfähige Koloratursopranistin für ihr Debüt beim NDR vorbereitet.

Das Neue Ensemble und Sarah Maria Sun 4.12., 20.00, Rolf-Liebermann-Studio. Karten zu 14,- unter T. 0180/178 79 80 (bundesweit zum Ortstarif, max. 42 Cent pro Minute aus Mobilfunknetzen) oder www.ndrticketshop.de