Alan Gilbert dirigiert Schostakowitsch und Tschaikowsky

Dass zwischen der Vollendung einer Komposition und ihrer Uraufführung sieben Jahre liegen, ist alles andere als normal. Doch Schostakowitsch geriet mit seiner Musik immer wieder zwischen die Fronten, und das mitunter buchstäblich. Einige seiner bedrückendsten Stücke entstanden während des Zweiten Weltkriegs, sein a-Moll-Violinkonzert beendete er 1948, in jenem Jahr, in dem der Komponistenkongress beschloss, dass in der Sowjetunion ausschließlich proletarische Vaterlandsmusik das Wohlgefallen der Partei haben solle. Symphonien und Konzerte wurden als dekadent abgeurteilt. Also landete Opus 77 in der Schublade. Über eine Privataufführung mit dem Komponisten am Flügel schrieb der Geiger David Oistrach: "Die Tragik der Bilder bezwang ebenso wie die Lyrik der ganzen Gestaltung." Beim NDR-Konzert übernimmt Frank Peter Zimmermann den Solo-Part, bevor nach der Pause der 2. "Nussknacker"-Akt von Tschaikowsky erklingt; es dirigiert Alan Gilbert.

Nach Stalins Tod 1953 standen die Vorzeichen für eine Premiere des Violinkonzerts günstiger. 1955 konnte sie stattfinden, Oistrach spielte sie mit den Leningrader Philharmonikern unter Mrawinskij. Allerdings nur, weil ein Konzertagent Wind von dem Stück bekommen hatte und es bei Oistrachs erster US-Tournee im Sortiment haben wollte. Damit nicht auffiel, dass es sich um ein Dokument aus finstereren Zeiten handelt, wurde das Konzert umetikettiert, es erhielt die 99 als neue Opuszahl. Anspielungen darauf verbarg Schostakowitsch allerdings schon in einem "früheren" Werk: Für den zweiten Satz seiner Zehnten op. 93 verwendete er Ideen aus dem Scherzo des Instrumentalkonzerts - und bezeichnete ihn als Porträt Stalins.

Abokonzert 6.12., 20.00 / 9.12., 11.00. Laeiszhalle. Karten zu 10,- bis 46,- unter T. 0180/178 79 80 (bundesweit zum Ortstarif, max. 42 Cent pro Minute aus Mobilfunknetzen) oder www.ndrticketshop.de