Jazz-Big-Band und Monteverdi-Chor sowie eine Kooperation mit dem Ernst-Deutsch-Theater beweisen den hohen Stellenwert kultureller Aktivitäten

Es ist ein imposanter Anblick: Die Bühne im großen Saal der Laeiszhalle, wahrlich nicht klein, kann sie gar nicht alle fassen, die Sänger und Instrumentalisten, die beim Universitätskonzert an der Aufführung des Mammutwerks "Carmina Burana" von Carl Orff mitwirken. So stehen einige Choristen eben vor der Bühne.

Der Anblick ist nicht nur ein schönes Sinnbild für die Rolle, die die Kultur im Allgemeinen und die Musik im Besonderen im Leben der Universität Hamburg spielen. Er zeigt auch ganz schlicht, welcher Andrang bei den beiden Ensembles herrscht: Dutzende von Bewerbern müssen Chor und Orchester der Universität Semester für Semester abweisen.

Glücklich, wer dabei ist. "Gott sei Dank hatte ich den Chor - ich wäre sonst durchgedreht!", solche Stoßseufzer bekommt Nikola Anne Mehlhorn in letzter Zeit öfter gemailt. Sie kümmert sich hauptamtlich um die Akademische Musikpflege - schon dass die Universität eine solche Stelle eingerichtet hat, zeigt die Wertschätzung, die sie der Musik entgegenbringt. "Durch den Druck der Bologna-Reformen bleiben vielen kaum Möglichkeiten, sich Erholung zu verschaffen", hat Prof. Dr. Rosemarie Mielke, zuständige Vizepräsidentin, beobachtet. "Beim Musizieren kommen sie auf andere Gedanken, treffen Gleichgesinnte und schaffen sich ein soziales Netz."

Kein Wunder, dass viele Mitglieder den Ensembles weit über den Studienabschluss hinaus treu bleiben. Etwa zwei Drittel der Mitglieder sind Studierende, die übrigen sind Mitarbeiter der Universität oder Alumni - ein Bratscher ist sogar seit 50 Jahren dabei.

Zwei Universitätskonzerte stemmen die Beteiligten jedes Jahr. Dieses Semester erarbeitet René Gulikers mit Chor und Orchester den Psalm 114 von Mendelssohn sowie "Waldmärchen" und "Das klagende Lied" von Gustav Mahler. Der Niederländer, im Hauptberuf Dirigent des Symphonieorchesters der Hamburger Musikhochschule, leitet die Ensembles kommissarisch.

Zum Sommersemester soll die Stelle des Akademischen Musikdirektors neu besetzt werden, das Bewerbungsverfahren läuft. Für die Ensembles bedeutet das einen epochalen Wechsel. Seit 1993 hatte Universitätsmusikdirektor Bruno de Greeve die Position inne, ein Garant für Kontinuität angesichts der hohen Fluktuation unter den Mitgliedern. Doch die Musikpflege schaut auf eine viel längere Tradition zurück: 1961 gründete Jürgen Jürgens, der Leiter des preisgekrönten Monteverdi-Chores, im Auftrag der Universität das "Collegium musicum". Seither hat sich die "Akademische Musikpflege", wie die Gesamtheit der Ensembles in der Universität genannt wird, beständig erweitert.

Anfang 2012 feierten Chor und Orchester das 50-jährige Bestehen mit Giuseppe Verdis "Messa da Requiem". Heute umfasst die Musikpflege neben Chor und Orchester den Monteverdi-Chor und die Jazz-Big-Band. "Wir denken darüber nach, ein zusätzliches Ensemble ins Leben zu rufen", sagt Mielke. Was haben Wissenschaft und Kultur überhaupt miteinander zu schaffen? "Beides sind Formen der Verarbeitung und Gestaltung von gesellschaftlicher Wirklichkeit", sagt Universitätspräsident Professor Dr. Dieter Lenzen. "Wenn Wissenschaft und Kultur näher zusammenrücken, könnte damit eine Entwicklung der letzten 20 Jahre überwunden werden, bei der in den Sozialwissenschaften quantitative Messungen an die Stelle von Reflexion und Ethik in den Geisteswissenschaften getreten sind." Ganz in diesem Sinne ist auch die Kooperation, die die Universität mit dem Ernst-Deutsch-Theater eingegangen ist. Dabei können Wissenschaftler oft ganz praktisch helfen, wenn es etwa um Sachfragen geht. So stand dem Team bei der Inszenierung des Stücks "Die Sippschaft" von Nina Raine Professor Christian Rathmann vom Institut für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser zur Seite.

Außerdem bieten die Beteiligten Podiumsdiskussionen an. Dabei greifen sie Themen auf, die mit der Produktion in Verbindung stehen. Nicht nur Mitglieder des Ensembles, der Regisseur, der Dramaturg oder Intendantin Isabella Vértes-Schütter kommen zu Wort, sondern auch Vertreter der Universität, häufig auch der Präsident selbst. Die nächste Podiumsdiskussion findet am 1. November nach der Aufführung des Stücks "Die Nashörner" statt. Die jüngste Frucht der Zusammenarbeit ist ein Veranstaltungsformat mit dem Titel "Uni trifft Theater": Immer am Donnerstag nach einer Premiere besuchen Studierende und Nachwuchswissenschaftler und Stefan Kroner, Dramaturg des Ernst-Deutsch-Theaters, gemeinsam eine Vorstellung. Anschließend treffen sie mit Schauspielern, Regisseuren und Dramaturgen zu einer Diskussionsrunde zusammen. Die erste dieser Zusammenkünfte nach der Premiere der "Nashörner" ist am 18. Oktober.

Winterkonzert: 27.Januar 2013, 20 Uhr, Laeiszhalle. Karten: 14 bis 18 Euro unter Tel. 45 33 26. Weitere kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen der Universität Hamburg: Akademische Musikpflege: Jazz-Big-Band und Monteverdi-Chor, Infos unter Tel. 428 38 57 73. University Players Infos unter www.universityplayers.de . "Die Nashörner" mit anschließender Podiumsdiskussion 1. November, 19.30 Uhr, Ernst-Deutsch-Theater, (U-Bahn Mundsburg), Ulmenau 25. Karten: 21 bis 31 Euro unter Tel. 22 70 14 20. "Uni trifft Theater" nächster Termin: 18. Oktober, Anmeldung bitte per E-Mail an dramaturgie@ernst-deutsch-theater.de