Aufgewachsen ist Nuran Karadeniz in einem Deutschland unter Palmen. Einem Deutschland mit feinstem Sand, angenehmsten Temperaturen, idyllisch gelegen, nicht bloß am trübgrünen Rhein, sondern am türkisblauen Mittelmeer. Wie schön das auch klingen mag, so ganz stimmt das Bild am Ende aber doch nicht. Auch wenn ihr Stadtteil in Antalya von seinen Einwohnern bis heute liebevoll "Klein-Deutschland" genannt wird, der Alltag zwischen Tourismus-Mekka und Echt-Bundesrepublik ist dann doch größer, als Nuran es zunächst erwartet hätte.

Die Studentin der Sozialökonomie hat diese Erfahrung gemacht, als sie vor über fünf Jahren in die Hansestadt kam. Viel seriöser seien die Deutschen hier, hat sie damals festgestellt. Und sehr ordentlich. Aber: Einen Kulturschock erlitt die heute 27-Jährige trotzdem nicht. Dafür konnte sie sich zu gut verständigen. "In Antalya hat Deutsch einen höheren Stellenwert als Englisch", sagt sie. Nuran lernte die Sprache schon in ihrer Heimat. In Deutschland hingegen lernt sie besonders eines - das Beobachten. Es sind vor allem die Details. Dass man seinen Professor mit dem Fahrrad zur Uni kommen sieht, dass man mit Dozenten problemlos in Kontakt treten kann. Für Nuran sind all dies bemerkenswerte Beobachtungen. Es sind Details von Bedeutung.

Nach ihrem Studium möchte die junge Frau ihre wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung mit ihren interkulturellen Erfahrungen verbinden und im Bereich der Deutsch-Türkischen Verständigung arbeiten. Vielleicht in Klein-Deutschland unter Palmen. Vielleicht aber auch unter den sehr deutschen Regenwolken Hamburgs.