Kreuzfahrt war gestern, heute geht's aufs Wellness-Schiff . Das Angebot reicht von Wohlfühlbehandlungen bis zur Schönheits-OP

Das waren noch Zeiten, als eine Seereise dem Müßiggang und der gepflegten Völlerei Vorschub leistete. Sieben Mahlzeiten am Tag - und immer pünktlich am Tisch. Dazu gehaltvolle Cocktails mit bunten Schirmchen in den diversen Bordbars. Und ansonsten mit einem Krimi pappsatt und glücklich im Liegestuhl lümmeln. Genau so stellten sie sich dar, die Freuden einer Kreuzfahrt. In grauer Vorzeit, versteht sich ... Wer heute dem Zeitgeist auf See frönt, der bringt von seiner Reise keine drei Kilo Mehrgewicht, sondern womöglich ein Hollywoodlächeln mit. Oder ein faltenfreies Antlitz. Oder eine ganz neue Haltung.

Auf modernen Wellenreitern tummeln sich inzwischen mehr Wellness-Experten als Leichtmatrosen. Da sind Yoga-Lehrer und Pilates-Trainer am Start, Botox-Spritzer und Gebiss-Aufheller. Und Legionen von Masseuren, Spa-Feen und sonstigen "Ich fühl mich gut"-Therapeuten. "Wellness gehört heute wie gutes Essen und Unterhaltung als fester Bestandteil zu einer Kreuzfahrt dazu", sagt Richard J. Vogel, Chef von TUI Cruises, dem Kreuzfahrtunternehmen des TUI-Konzerns. "So wie der Gast auch im Hotel ein gutes Spa-Angebot erwartet, möchte er auch bei seinem Urlaub auf dem Meer darauf nicht verzichten."

Wie sich doch die Zeiten ändern: Galt es vor ein paar Jahren noch als bemerkenswert, wenn ein Kreuzfahrtschiff überhaupt eine Sauna an Bord hatte, kann der Gast sich heute in aufwendig gestalteten Verwöhnlandschaften tummeln. Es ist alles da: vom Hamam bis zum Laconium, von der Infrarotsauna bis zum Sanarium. Es gibt nicht wenige Passagiere, die einen kompletten Seetag im Wellnessbereich verbringen. Ein leichtes Schaukeln des Schiffes wird da höchstens als zusätzliche Wohltat abgespeichert.

Auch beim Status der Kajüte dreht es sich nicht mehr allein um außen oder innen. Bei überzeugten Wellness-Jüngern, die über das nötige Budget verfügen, muss es jetzt mindestens eine Spa-Kabine oder besser noch eine Spa-Suite sein. Dabei handelt es sich um besonders großzügig bemessene Unterkünfte mit direktem Zugang zum Wellness-Bereich. Zumeist liegen diese in einer exklusiven Zone des Schiffes, einem VIP-Bereich, zu dem Passagiere, die eine niedrigere Kategorie gebucht haben, keinen Zutritt erhalten.

Wie etwa auf der neuen "Celebrity Reflection", die gleich 34 Suiten und 130 Balkonkabinen in der sogenannten Aqua Class bereithält. Im dazugehörigen Spa steht den Aqua-Gästen der "Persian Garden" mit Wärmeliegen, Aromatherapieräumen, Regenduschen und Dampfsauna jederzeit offen. Darüber hinaus dürfen sie an speziellen Wellnesskursen teilnehmen.

Bei MSC Kreuzfahrten heißt die Verwöhnzone Aurea. "MSC Fantasia", "MSC Splendida" und "MSC Divina" locken jeweils mit 28 Aurea Spa-Suiten, die zwischen 21 und 47 Quadratmeter groß sind. Schmackhaft gemacht wird eine Buchung dieser teureren Kabinenkategorie durch ein Extrapaket. Darin enthalten sind ein Begrüßungscocktail an der Spa Bar, Gesichtsbehandlung und Massage und dazu die Visite beim Spa-Doktor, der individuelle Diät-, Gesundheits- und Fitnesspläne erstellt.

Auf der "Nieuw Amsterdam", dem neuen Flaggschiff der Holland America Line, sind die Spa-Suiten mit Yoga-Matten und Trinkbrunnen ausgestattet. Anwendungen aus dem Wohlfühl-Angebot des Greenhouse Spa können auch auf die Kabine bestellt werden.

"Ceremonies" heißen die Komplettangebote fürs maritime Dauer-Pampern auf den drei Seabourn-Yachten. Zur "Ceremony of Exotics" gehört beispielsweise ein "Frangipani Conditioning Hair and Scalp Ritual", wobei Haar und Kopfhaut mit tahitianischen Pflanzenextrakten belebt werden. Wohlbetuchte Schönheitssuchende lassen sich auch gern ein "24 Karat Gold Facial" verpassen.

Aus den Früchten des Elefantenbaumes wird das Marula-Öl gewonnen. Bereits die Ureinwohner Namibias nutzten es, um den natürlichen Hautschutz zu stärken. So etwas sollte man vielleicht wissen, wenn man sich auf der "Aida Bella" plötzlich "Jenseits von Afrika" wiederfindet. So lautet das Motto einer dreistündigen Behandlung, die auf das Wissen von afrikanischen Medizinmännern und Heilern zurückgreift. Ganzkörper-Peelings mit schwarzen Diamanten, ein Bad in Büffelmilch und eine Maske aus roter Tonerde, dazu Essenzen aus Baumrinden und Wurzeln - und fertig ist die streichelzarte Haut. Auf weiteren Schiffen der Aida-Flotte, die für sich selbst als "schwimmende Wellness-Oase" wirbt, kann sich der Gast aus 80 verschiedenen Anwendungen pro Reise sein persönliches Wohlfühlprogramm zusammenstellen.

Wer vor lauter Treatments kaum mehr Zeit hat, auch mal einen Blick auf den Ozean zu werfen, kann den Kontakt zur See im Thalasso-SPA auf der "Mein Schiff 2" wenigstens zeitweise mit einer Meerwasser-Anwendung herstellen. "Mein Schiff 1" lockt derweil mit "mediterranen Entspannungswelten".

Auf beiden Schiffen von TUI-Cruises gilt das All-inclusive-Prinzip, die riesigen Spa-Anlagen sind kostenlos zugänglich, nur Massagen und spezielle Beautygeschichten müssen extra gezahlt werden. Sogar eine Schönheitsklinik ist an Bord, falls doch mal flankierende medizinische Maßnahmen erforderlich sind, damit der Gast das Schiff garantiert jünger und schöner verlässt, als er es betreten hat. Im Angebot sind Faltenbekämpfungs-Maßnahmen mit Hyaluronsäure oder Botulinumtoxin und Zahn-Bleaching. Man spricht da vornehm von "minimalinvasiven Eingriffen", was nichts weiter bedeutet, als dass die Behandlungen ohne unappetitliche Schwellungen und Blutergüsse vonstattengehen.

Andere Reedereien, wie etwa die amerikanische Carnival mit ihren Meeresgiganten "Splendor", "Dream", "Magic" und "Breeze", verlangen bereits für den Zugang zum Thermalbereich oder zum Thalasso-Pool einen Obolus von bis zu 20 Dollar pro Tag, es sei denn, man bewohnt eine Spa-Kabine.

Platz für Streicheleinheiten ist selbst auf kleineren Schiffen wie der "MS Delphin" (470 Passagiere), wo eine balinesische Massage mit heißen Steinen der Renner ist. Auf den Seadreams-Zwillingsyachten mit jeweils maximal 110 Passagieren greifen bestens ausgebildete Thai-Therapeutinnen gekonnt in die Muskelmasse.

Schönheit geht auch durch den Magen: Wer bei Costa Kreuzfahrten den "Wellnessurlaub auf einer Beautyfarm mit Blick über die Weite des Meeres" bucht, darf im "Samsara"-Restaurant leichte und schonend zubereitete Gerichte genießen. Silversea Cruises haben eigens eine "CruiseLite-Speisekarte" kreiert, mit vegetarischen, veganen und Low-Carb-Selektionen und allerlei Gourmetspeisen mit weniger Fett, Kalorien, Natrium und Cholesterin. Was ist bloß aus der guten alten Völlerei geworden ...