Ob Fernsehen oder Internet, Medien sind für Kinder attraktiv. Tipps, wie Eltern sie damit sinnvoll begleiten können

Fernsehen, Computerspiele und Internet gehören für Kinder und Jugendliche zum Alltag. Sie können sinnvolle Hilfsmittel sein, bergen aber auch Gefahren, etwa wenn sie zum Instrument der Dauerberieselung werden. Wie Eltern ihren Kindern einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien vermitteln können, erklärt der Diplom-Psychologe Christoph Haberer von der ev. Beratungsstelle Stormarn.

1. Warum müssen Eltern mit ihren Kindern schon früh einen sorgfältigen Umgang mit Medien einüben?

Christoph Haberer:

Fernseher, PC und andere Medien sind Bestandteile unseres Lebens. Sie sind nützlich und wir kommen nicht um sie herum. Aber sie dürfen nicht den meisten Platz bekommen, nicht zu einer Dauerberieselung werden, die einem nicht viel abverlangt. Kinder müssen lernen, Medien gezielt zu nutzen. Das können sie nicht allein, weil es attraktiv ist, immer weiter zu gucken oder zu spielen. Deswegen müssen die Eltern helfen, indem sie klare Nutzungsregeln aussprechen und auf die Einhaltung von Zeiten achten.

2. Welche Gefahr besteht, wenn Kinder den ganzen Nachmittag am Computer spielen?

Haberer:

Computerspiele können durchaus anregend sein und Entspannung, Ehrgeiz und Erfolgserlebnisse fördern. Doch wenn sie Hauptbeschäftigung sind, besteht die Gefahr körperlicher und sozialer Unterentwicklung. Wir Menschen sind soziale Wesen und lernen soziale Fähigkeiten nur im direkten Umgang mit anderen Menschen - das sind im Übrigen Fähigkeiten, die im späteren Leben genauso wichtig sind wie technische Kenntnisse.

3. Sind Computerspiele auch für kleine Kinder sinnvoll?

Haberer:

Kleine Kinder brauchen 3-D-Erfahrung, das heißt, sie müssen tasten, schmecken, fühlen. Nur so können sie sich in der Welt zurechtfinden. Man sollte nicht glauben, dass man Kleinkinder irgendwie fördern kann, wenn man ihnen Computer hinstellt. Im Gegenteil, man schadet ihnen. Für ihre Entwicklung brauchen Kinder Nähe und Bindung sowie sinnliche Erfahrungen, um ihr Potenzial voll entfalten zu können. Ein gut entwickeltes Gehirn kann in späteren Jahren die technologischen Möglichkeiten viel besser nutzen als ein Schmalspurhirn.

4. Und was ist, wenn die Kinder älter sind?

Haberer:

Bis zum Grundschulbeginn sollten Kinder keine Zeit allein vor dem Computer verbringen. Es gibt sicher nette Lernspiele, die aber bis zum Alter von sechs Jahren nicht länger als 30 Minuten gespielt werden sollten. Zeitvorgaben können aber nur als Richtschnur dienen. Rigide Vorgaben könnten dazu führen, dass ein Kind meint, täglich spielen zu müssen. Ich würde das vom Kind und vom Spiel abhängig machen. In jedem Fall sollten Eltern dranbleiben und die Kinder nicht allein lassen.

5. Welche Zeiten gelten für das Fernsehen?

Haberer:

Unter zwei Jahren sollten Kinder gar nicht vor dem Fernseher sitzen. Dann dürfen es 20 bis 30 Minuten pro Tag sein, aber nie allein. Das Grundschulkind kann bis zu 60 Minuten schauen. Auch im weiteren Verlauf sollte auf die Auswahl der Filme geachtet und der Konsum nicht freigegeben werden. Ebenso wichtig wie die Zeit ist aber auch, dass Kinder bis circa zehn Jahre nicht damit alleingelassen werden, was sie sehen. Sie müssen über das Gesehene sprechen können.

6. Was sollten Eltern ihren Kindern raten, wenn diese soziale Netze wie Facebook nutzen?

Haberer:

Allergrößte Vorsicht! Genau prüfen, wer was sehen kann, welche Bilder da stehen sollen, welche Daten man von sich preisgibt. Und wenn Kinder schlechte Erfahrungen in sozialen Netzwerken machen, sollten Eltern nicht vorwurfsvoll reagieren. Es ist sehr wichtig, eine vertrauensvolle Beziehung zu den Kindern zu entwickeln. Eltern müssen ansprechbar sein, auch wenn ihre Kinder im Internet auf Seiten stoßen, die sie verstören, oder wenn sie, um in der Clique cool zu sein, Dinge ansehen, die sie ängstigen.

7. Wie können Eltern für Alternativen zu den Medien sorgen?

Haberer:

Indem sie sich mit den Kindern beschäftigen, gemeinsam spielen, etwas vorlesen, nach draußen gehen. Und vermitteln, dass sie das gern tun. Die Eltern sollten sich ihre Rolle als Vorbilder bewusst machen. Wenn sie selbst immer nur vor dem Fernseher oder dem Computer sitzen, können sie kaum erwarten, dass die Kinder das nicht auch tun wollen.

8. Was kann ein Buch, was Fernsehen und Internet nicht können?

Haberer:

Ein Buch kann Fantasieräume öffnen, eigene Bilder entstehen lassen. Ein Buch kann, wenn es vorgelesen wird, Gemeinschaft stiften, Nähe herstellen zwischen Eltern und Kindern. Und das ist es, was Kinder in jedem Alter brauchen, um nicht nur mit den Herausforderungen der Medien, sondern mit dem Leben klarzukommen.