Harry Kupfers zeitlose “Tannhäuser“-Inszenierung steht wieder auf dem Spielplan

Man mag es kaum glauben: 22 Jahre ist Harry Kupfers wunderbare Inszenierung des "Tannhäuser" an der Staatsoper inzwischen alt - und hat kein bisschen Staub angesetzt. Im Gegenteil: Noch im vergangenen Jahr hat der Regisseur am Opernhaus Zürich eine Neudeutung vorgelegt, die sich eindeutig auf seinen Hamburger Geniestreich bezog. Nun nimmt Simone Young ebendiesen Geniestreich wieder auf - mit Unterstützung von Angela Denoke, die sowohl die Elisabeth als auch die Venus singt.

Eine maßgebliche Rolle spielt das Raumkonzept von Hans Schavernoch: Kupfer und sein Bühnenbildner teilen die Staatsopernbühne mithilfe zweier fahrbarer Bühnenwände streng dialektisch in zwei unvereinbare Sphären. Hinter der linken Wand lockt die sündig-verruchte Halbwelt des Venusberges - die im Reich der Liebesgöttin auf Monitoren zu sehenden Softpornos waren seinerzeit ein echter Aufreger! Hinter der rechten Bühnenwand tut sich dagegen die reale, hoch politische Wartburg-Welt auf - hier hält man auf Pomp, Uniformen und höfische Etikette.

Kein Wunder, dass Tannhäuser, der sensible Künstler, überall aneckt und buchstäblich zwischen beiden Welten zerrieben wird! Keine kann ihm dauerhaft Heimat sein: Das Paradies der Lüste bereitet ihm schon bald Überdruss, mehr noch aber das Spießertum am Thüringer Hof - ganz zu schweigen von dem künstlerischen Mittelmaß seiner lieben Kollegen, der Minnesänger. In Zürich lässt Kupfer die Landgrafenschickeria samt Klerus ebenfalls in dem Edel-Etablissement der Liebesgöttin verkehren - was die kollektive Empörung über Tannhäusers Sündenbekenntnis beim Sängerkrieg zum Gipfel der Verlogenheit macht!

Schon in der Hamburger Version ist Kupfer ähnlich scharf in seiner Kirchenkritik - und kann sich dabei auf Wagners antiklerikale Haltung berufen. Etwa wenn Kupfer am Ende der Oper den Papst persönlich auftreten lässt: Zwar hat der Pontifex dem Sänger eben noch das Seelenheil bei seinem Bußgang nach Rom verweigert. Jetzt aber, da den zwischen Kunst, Liebe und Exzess zerrissenen Tannhäuser der Herztod dahingerafft hat, soll sein Sterben umgehend instrumentalisiert werden und das Wunder des ergrünten Hirtenstabes beglaubigen. Wenn da mal nicht ein himmlisches Donnerwetter das scheinheilige Treiben durchkreuzt...

"Tannhäuser" 7.10., 17.00; 11.10., 18.00; 21. und 28.10., jeweils 16.00, Staatsoper. Karten zu 4,- bis 89,- unter T. 35 68 68