Viola und Klarinette im ersten Philharmoniker-Konzert

Kein Entree mit Pauken und Trompeten, dafür eins mit einem Paukenwirbel, der ja viel spannender ist als ein Paukenschlag, weil er die Luft langsam zum Vibrieren bringt und sich ausdehnt in die Zeit. Joseph Haydn hat Sinfonien für beide Anlässe geschrieben. Die "Mit dem Paukenschlag" sollte die im Konzert stets zum Dösen aufgelegten Adligen erschrecken. Doch das brauchen die Philharmoniker nicht. Ihr städtisches Publikum ist ausgeschlafen und bereit, wenn es am ersten Septembersonntagmorgen zur Saisoneröffnung in die Laeiszhalle strömt. Als Verheißung auf eine spannende Saison und ein abwechslungsreiches Konzertprogramm spielen Simone Young und das Staatsorchester deshalb Haydns Sinfonie in Es-Dur Hob. I:103, eben jene "Mit dem Paukenwirbel".

Das Amuse-Gueule zu diesem Entree aber ist eine Miniatur aus einem größeren Orchesterwerk des chinesischen Komponisten Tan Dun, der zwei Wochen zuvor im selben Saal den Hamburger Bach-Preis entgegengenommen hat: "Self Portrait" heißt der zweite Satz von Tan Duns musikalischen Reflexionen auf Paul Klees Bild "Tod und Feuer" (1940). Streicher bestimmen das kurze, überwiegend wilde Geflirr, in dem sich chinesisch anmutende Melodik mit westlicher Moderne kreuzt. Tan Dun schrieb das Werk 1992; er wollte darin die Verwandtschaft zwischen dem Werk Paul Klees und chinesischer Kunst zeigen: "Es gibt eine starke Beziehung zur chinesischen Ästhetik, die so linear, so nicht-harmonisch ist und eher auf die Seele eines Werks zielt als auf oberflächliche Effekte." Ob Klee, der aufgrund seiner Anlagen und Fähigkeiten genauso gut hätte Musiker werden können, Tan Duns Hommage goutieren würde? Er entschied sich als Student ja gegen die Tonkunst, weil ihm die Musik seiner Zeit nicht gefiel.

Das Doppelkonzert e-Moll op. 88 für Klarinette, Viola und Orchester von Max Bruch, mit dem die zweite Konzerthälfte beginnt, dürfte die stärkste Anziehungskraft des Programms entfalten, werden die Soloparts doch von zwei Meistern ihres Fachs gespielt: Sabine Meyer und Nils Mönkemeyer. "Ich empfinde die Bratsche und die Klarinette mit ihren dunklen Klangfarben als sehr seelenverwandt", sagt Sabine Meyer. "Das zeigt sich auch in den wunderbaren Trios für Klarinette, Bratsche und Klavier von Mozart, Schumann, Bruch und Kurtág. Das Doppelkonzert von Bruch ist auch melodisch und harmonisch ein sehr anspruchsvolles und wirkungsvolles Stück."

Die Sinfonie Nr. 7 von Jean Sibelius bildet das große Finale der Saisoneröffnung. Da er bis auf kürzlich wieder aufgetauchte Fragmente die Partitur zu seiner 8. Sinfonie dem Feuer übergab, wurde sie auch zum letzten großen Werk des Nationalheiligen der finnischen Musik. Simone Young dirigiert.

1. Philharmonisches Konzert, 2.9., 11.00, 3.9., 20.00, Laeiszhalle. Karten zu 9,- bis 44,- unter T. 35 68 68