Vor 25 Jahren eröffnete die Gedenkstätte im Torhaus der Strafanstalt Fuhlsbüttel

"Gruppe 3, Einzelhaft." In seinem heimlichen Tagebuch erklärt Fritz Solmitz, was ihm im Konzentrationslager Fuhlsbüttel zustieß. "Gruppe 3 ist die furchtbare Behandlung, die angeblich Widerspenstige, in Wahrheit alle kommunistischen Führer zu erdulden haben." Kein Licht, keine Zukost, kein Sprechen - und Schläge im Folterkeller bis zur Bewusstlosigkeit. "Es ist 1000-mal schlimmer als Zuchthaus."

Die Notizen auf 15 Blatt eng und beidseitig beschriebenem Zigarettenpapier, verfasst unter größter Gefahr, waren unter einem Deckel in der Taschenuhr des Redakteurs des sozialdemokratischen "Lübecker Volksboten" verborgen. Solmitz hatte sich am 19. September 1933 in der Zelle erhängt, war von seinen sadistischen SS-Peinigern innerhalb einer Woche systematisch in den Tod getrieben worden.

Die Aufzeichnungen des Journalisten geben erschütternd, nüchtern und präzise geschildert Zeugnis vom Terroralltag im "KolaFu". Es war 1933 eines der ersten Konzentrationslager in Deutschland. Eingerichtet in den Gebäuden der Strafanstalt Fuhlsbüttel, existierte es bis Kriegsende. Seit 25 Jahren erinnert die "Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945" an die Häftlinge und Ermordeten. Ihre Leiden und Schicksale dokumentiert die Dauerausstellung im ehemaligen Torhaus am Suhrenkamp 98. Zum Jubiläum veranstaltet die KZ-Gedenkstätte Neuengamme am 6. November ín ihrer Außenstelle in Fuhlsbüttel eine Feierstunde mit Kranzniederlegung, zu der auch Brigitte Alexander anreist, die in Kennett Square/Pennsylvania lebende einzige Tochter von Fritz Solmitz.

Karoline Solmitz folgte der Bitte ihres Mannes, die das Tagebuch beschließt: "Alles, was ich hinschrieb, ist heilig wahr. Möge es dienen, andere zu retten. Flieh weit, weit weg K. mit den Kindern ... Nütze diese Zeilen, wenn sie dich erreichen, gut. Aber sei vorsichtig dabei." Die Witwe emigrierte mit ihrer Familie und fand in den USA eine neue Heimat. Als Karoline Solmitz Anfang der 1960er-Jahre von der Anklage gegen Willi Dusenschön, eines der Peiniger ihres Mannes, erfuhr, stellte sie das "Uhren-Tagebuch" zur Verfügung. Sie war im Herbst 1962 als Zeugin im Prozess am Landgericht Hamburg geladen, musste jedoch Dusenschöns skandalösen Freispruch miterleben, der für empörte Kommentare in der Presse sorgte.

Denn mehrere Tausend politische Gefangene aus dem Hamburger sozialdemokratischen oder kommunistischen Widerstand, darunter Katharina Corleis, Käthe Tennigkeit, Willi Bredel, Gustav Leo oder Senator Walter Schmedemann, aber auch jüdische Bürger und Künstler, wie die Schauspielerinnen Ida Ehre und Hanne Mertens, Anhänger der "Weißen Rose", der "Swing Kids", darunter der heute 87-jährige Zeitzeuge Günter Discher, waren im "KolaFu" inhaftiert, misshandelt oder ermordet worden - genau wie eines der ersten Opfer Fritz Solmitz.

In den vergangenen 25 Jahren haben mehrere Zehntausend Besucher die 2003 neu gestaltete Ausstellung besucht. Sie informiert über die Geschichte des KZ Fuhlsbüttel, des Polizeigefängnisses und des Außenlagers des KZ Neuengamme und dokumentiert die Schicksale der Häftlinge.

Sonderöffnung in der Gedenkstätte Fuhlsbüttel 6.11, 15.00-19.00, Kranzniederlegung um 18.15, Suhrenkamp 98

Brigitte Alexander im Gespräch über das Erinnern in ihrer Familie 7.11., 19.00, Gedenkstätte Plattenhaus Poppenbüttel, Kritenbarg 8