Endlich Ferien! Die Koffer waren schon gepackt. Nun ging es los. Ich saß mit meinen Eltern gespannt im Flugzeug und wartete, bis wir endlich losflogen. Unser Ziel: Cayiralan!

Cayiralan hat keinen Strand und auch keine Hotels. Es ist ungefähr sechs Autostunden von Ankara in der Türkei entfernt. Hierher verirrt sich selten ein Tourist.

Aber für mich ist Cayiralan ein ganz besonderes Urlaubsziel. Es ist mein Heimatort, obwohl ich in Deutschland geboren bin.

Meine Eltern sind dort aufgewachsen, und ein großer Teil meiner Familie lebt noch immer dort in dem Ort.

Die Stadt Cayiralan besteht nur aus ein paar Läden und Kiosken. In Deutschland würde man das nie als Stadt bezeichnen.

In meinem Dorf herrscht auch Armut. Aber viele helfen sich gegenseitig, und sie versuchen, das Beste aus dem Leben zu machen. In Cayiralan fühle ich mich wohler als in Deutschland.

Nach zwei Tagen Anreise waren wir endlich da. Ich nahm meine Oma, meine Cousine, meine ganze Familie in den Arm.

Sechs Jahre lang hatte ich sie nicht mehr gesehen. Im Dorf hatte sich nicht viel verändert. Es gab ein paar neue Häuser, ein paar neue Straßen. Alles andere war geblieben.

Die Leute sind sehr gastfreundlich in Cayiralan, und für alle stehen die Türen offen. Man kann als wildfremder Mensch dort hingehen, die Leute bieten dir Essen und Tee an.

Im Sommer finden abends auf den Straßen manchmal fünf Hochzeiten auf einmal statt.

Jeder darf tanzen und mitfeiern; ob er eingeladen ist oder nicht, ist egal.

Oft kommt Besuch, und man isst sogar manchmal fünfmal am Tag warmes Essen.

Meistens sitzen an unserem Tisch zehn Leute oder noch mehr. Es ist immer viel los, und man hat nie Langeweile.

Als Mädchen hat man in Cayiralan immer zu gehorchen, und meistens putzt und kocht man nur den ganzen Tag.

Als Mädchen darf man auch nie alleine raus aus dem Haus. Man darf nur zu Freunden, und man sollte den Weg durch die Stadt vermeiden, denn dorthin darf man nicht.

Das macht mir aber nicht so viel aus, weil man oft Besuch hat und mit seinen Cousinen und anderen Verwandten endlos lange quatschen, tanzen, singen und viel, viel lachen kann.

Die Ferien waren viel zu schnell vorbei. Als ich wieder zurück nach Deutschland fliegen sollte, wollte ich nicht. Ich war sehr traurig und habe viel geweint.

Was mir am meisten wehgetan hat, war die Trennung von meiner Cousine. Auch in Deutschland habe ich noch lange und oft geweint.

Neslihan Cakar, Kurs Schülerzeitung Schule Neugraben