“Wunschlos! Glücklich?“ rollt die Kulturgeschichte des Weihnachtsbriefes auf

Fast jeder von uns hat eine Erinnerung daran, als Kind mit pochendem Herzen innigste materielle Wünsche zu Papier gebracht zu haben, in der Hoffnung, dass der Weihnachtsmann oder das Christkind das - hoffentlich - vorbildhafte Verhalten zum Jahresende angemessen entlohnt.

Die Kulturhistorie erzählt eine ausführliche Geschichte dazu, aus der Zeit, "bevor die Industrie sich der Sache bemächtigt hat", wie Dr. Torkild Hinrichsen, Leiter des Altonaer Museums, erzählt. In der diesjährigen, 20. Weihnachtsausstellung "Wunschlos! Glücklich?" sind dekorative Briefe und Wunschzettel aus dem Bestand zu bewundern, ergänzt durch Ausstellungsstücke der Sammlung Alix Paulsen aus dem Weihnachtshaus in Husum.

Die Tradition, anderen Menschen zu Weihnachten und Neujahr Glück zu wünschen, ist uralt. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts lässt sich ein speziell norddeutsches, protestantisches Phänomen beobachten. Neujahrswünsche wurden in kalligrafisch aufwendig gestalteten Druckgrafiken verfasst. Die Briefe wurden zunächst einseitig, im 19. Jahrhundert auf Doppel-Bögen bedruckt. Die Titelseite zeigte meist einen mit Ornamenten verzierten architektonischen Rahmen mit Abbildungen allegorischer oder biblischer Motive, später auch mit Szenen aus der bürgerlichen Weihnachtsstube. Für die Kinder galt es, möglichst unfallfrei, ohne Tintenkleckse, die beiden Innenseiten zu füllen. Die hintere Außenseite blieb leer.

Das Wünschen zur besinnlichen Zeit wuchs sich zu einer Leistungsprüfung der Kinder aus - eingefordert von den Eltern und überwacht von den Lehrern. Formuliert wurden die ob ihrer christlich frommen Süße für heutige Ohren befremdlich anmutenden Texte allerdings von Pastoren, Lehrern oder Küstern. Die Kinder bedankten sich mit allerbesten Wünschen bei ihren Eltern dafür, dass sie ernährt und in christlichem Sinne erzogen wurden. Die Pädagogen griffen bald zu einheitlichen Texten oder gaben gedruckte Vorlagensammlungen heraus. Zu Weihnachten wurden diese Weihnachtsbriefe feierlich den Eltern überreicht. Häufig im Verbund mit einem auswendig gelernten Gedicht.

Bald entdeckte der Handel die Tradition. Buchhandlungen und Schreibwarengeschäfte boten die Bögen in allen Qualitäts- und Preisvarianten an. Im Zuge der lithografischen Großauflagen wandelten sich die Motive hin zu weltlichen Schneelandschaften und Weihnachtsmännern.

Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts verlagerten sich die Wünsche an die Eltern hin zu Gabenwünschen materieller Natur. Später lasen sie sich wie regelrechte Warenkataloge, aus denen das Christkind selbst auswählen konnte. In der Ausstellung können die Besucher sich in einer originalgetreu nachgebildeten Schreibstube daran versuchen, wie die damaligen Schüler mit kratzendem Federhalter eigene Wünsche zu formulieren.

Weihnachtsausstellung: Wunschlos! Glücklich? Bis 8.1.2012, Altonaer Museum, Museumstraße 23, Di-Fr 10.00-17.00, Sa/So 10.00-18.00