Norbert Hackbusch sieht das Hafenmuseum als große Herausforderung

Der Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch (Partei Die Linke) ist kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion und Vorsitzender des Kulturausschusses. Wir fragten ihn, wie er die aktuelle Situation der Hamburger Museen beurteilt.

Museumswelt:

Herr Hackbusch, man hat den Eindruck, dass Hamburg auf seine Museen nicht wirklich stolz ist. Täuscht das?

Hackbusch:

Der Stolz der Hamburger ist ein schwieriges Feld. Man ist stolz auf den Hafen, sonst hält sich das in Grenzen.

Was ist das Grundproblem der Hamburger Museen?

Hackbusch:

Ihre Unterfinanzierung. Die von der damaligen Kultursenatorin von Welck bestellte Expertenkommission hat festgestellt, dass die Museen zwar "auskömmlich" finanziert seien, aber nur, wenn sie keine Sonderausstellungen ausrichten. Da aber Sonderausstellungen das entscheidende Moment sind, um Publikum ins Haus zu bekommen, ist eine solche Betrachtung nicht nachzuvollziehen.

Wieso lässt sich das Finanzproblem der Museen nicht lösen?

Hackbusch:

Weil die finanzielle Ausstattung eben nicht ausreicht. Jetzt müssen die Museen eine schwarze Null schreiben, um entschuldet zu werden. Aber das gelingt ihnen nur, wenn sie kaum noch Ausstellungen machen. Im Museum für Hamburgische Geschichte wird das besonders deutlich. Dort hat es schon lange keine Sonderausstellung mehr gegeben. Und das wirkt sich natürlich unmittelbar auf die Attraktivität aus.

Wann ist ein Museum attraktiv?

Hackbusch:

Attraktiv sind interessante Sonderausstellungen, aber es geht überhaupt darum, wie sich ein Museum dem Publikum zuwendet. Das kann man zum Beispiel beim Museum für Völkerkunde beobachten. Das bietet über die Ausstellungen hinaus den in Hamburg lebenden Ausländern eine Heimat. Dort feiern Tscherkessen und Südamerikaner, Balinesen und Portugiesen gemeinsam mit deutschen Besuchern ihre Feste - und sie alle finden ihre Kultur und Geschichte in diesem Museum wieder. Das ist eine Weiterentwicklung des Museumskonzepts, die über das reine Schauen weit hinausreicht.

Manchmal liegt auch in der Krise eine Chance, wie die große Bürgerbewegung beweist, die die Schließung des Altonaer Museums vor einem Jahr verhindert hat. Ist das eine Perspektive, die auch über Altona hinausreichen kann?

Hackbusch:

Ganz bestimmt, denn es zeigt sich, dass die Museen immer stärker als neuer interessanter Ort wahrgenommen werden. Sie sind der Ort, an dem sich Menschen ihrer eigenen Geschichte vergewissern und eine neue Identität suchen. Was früher viel stärker die Religion leistete, findet heute immer häufiger in Museen statt. Das ist eine sehr spannende neue Entwicklung.

Wie sollten die Museen reagieren?

Hackbusch:

Die Bürger müssen sich mit ihren Vorstellungen und Erfahrungen viel stärker in die Museumsarbeit einbringen können.

Wie könnte so etwas konkret aussehen?

Hackbusch:

In Altona, das eine große Geschichte als liberale und weltoffene Stadt hat, könnte man die Migration viel stärker zum Thema machen. Der Streit um das Bergedorfer Schloss und das Helms-Museum zeigt die große Bedeutung der Museen auch für die regionale Identität in Hamburg.

Es gibt schon jetzt Möglichkeiten, sich in die Museumsarbeit einzubringen, zum Beispiel die sehr selbstbewussten Freundeskreise.

Hackbusch:

Das stimmt, die Freundeskreise haben auch in den vergangenen Jahren eine sehr positive Rolle gespielt. Es wird aber interessant sein, wie man die Freundeskreise auch noch stärker in die Arbeit und die Veränderung des Museums mit einbeziehen kann. Das Hafenmuseum ist ein Beispiel dafür, dass ein Museum sogar im Wesentlichen von einem Freundeskreis getragen wird. Menschen, die früher im Hafen gearbeitet haben, machen heute als Ehrenamtliche dieses Museum lebendig.

Über das Hafenmuseum wird viel geredet. Es gibt ein Konzept von dem Architekturbüro Andreas Heller, aber dessen Realisierung steht in den Sternen.

Hackbusch:

Die Expertenkommission der Kulturbehörde hat den Aufbau eines Hafenmuseums als die zentrale Aufgabe der Hamburger Museumspolitik beschrieben. Viele Vorschläge der Kommission fand ich falsch, aber hier hatten sie recht. Ich weiß, dass die Mittel im Moment nicht zur Verfügung stehen, aber im nächsten Jahrzehnt müssen wir diese Aufgabe bewältigen. Wenn man sich genau ansieht, was Hamburg ausmacht, nämlich Urbanität und Weltoffenheit, Stadt und Hafen, dann ist ein attraktives Hafenmuseum unerlässlich. Die Voraussetzungen sind positiv, denn der Hafen ist in öffentlicher Hand. Mit seiner Geschichte wurde bisher sehr nachlässig umgegangen. Das muss sich künftig ändern - eine kräftige Herausforderung, aber die sollte Hamburg angehen.