wer kennt es nicht, dieses spontane Gefühl im Boden versinken zu wollen, wenn man bei etwas ertappt wurde, was man unbedingt verbergen wollte. Wenn diese Schamesröte ins Gesicht treibt und man wie gelähmt ist. Furchtbar! Aber dennoch ist diese Situation auch immer wieder eine sehr lehrsame Erfahrung. Weil sie zeigt, dass unsere innere Werteuhr noch funktioniert. Die Scham ist ein schreckliches Gefühl und gleichzeitig ein ganz wichtiges. Ohne sie wüssten wir nicht mehr gutes und schlechtes Benehmen zu unterscheiden. Unser Gefühl für Scham haben wir von Kindesbeinen an verinnerlicht - hoffentlich.

Denn irgendwie scheint in der letzten Zeit das Gefühl für Scham in vielen gesellschaftlichen Bereichen aus dem Lot gekommen zu sein. Der deutlichste ist das Fernsehen, in dem es zunehmend beliebt ist, alle Tabuzonen, die es je gab, zu brechen. Menschen entblößen alles für wenige Minuten Aufmerksamkeit - ihre Seele und ihren Körper. Die Ich-AG hat Hochkonjunktur.

Für uns waren das Gründe, uns der Scham in dieser Ausgabe von verschiedensten Seiten zu nähern. Was ist Scham, warum ist sie wichtig und wo tritt sie auf? Wir haben darüber mit Theologen, Psychologen und Sozialarbeitern gesprochen.

Theologisch gesehen steht sie am Anfang der Menschheitsgeschichte, als Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden und sich plötzlich ihrer Nacktheit bewusst wurden. Unter Armen ist das Schamgefühl besonders ausgeprägt, denn ihnen fehlt es oft an Anerkennung. Sie entsprechen nicht der Norm einer Leistungsgesellschaft. Wie sich das anfühlt, beschreibt eine alleinerziehende Mutter sehr eindringlich.

Einen schönen Herbst wünscht

Ihre Sabine Tesche