Hinter dem Projekt StadtRad steckt eine anspruchsvolle Logistik. Es soll auf 1500 Räder wachsen

Hamburg. Morgens um sechs, wenn die Stadt erwacht, beginnt das Serviceteam von StadtRad seinen Dienst. Mit bis zu drei weißen Transportern fährt es die Radstationen ab und schaut nach dem Rechten, räumt Müll weg oder stellt die Fahrräder ordentlich in Reihe auf. Während des Tages sammeln die Servicemitarbeiter vereinzelte reparaturbedürftige Räder ein, vor allem aber verteilen sie die knallroten Drahtesel von überfüllten zu entleerten Stationen. Die insgesamt 19-köpfige Werkstatt-Truppe hegt und pflegt das erfolgreichste Fahrradverleihsystem Deutschlands - und sorgt auch dafür, dass es weiter wächst.

"Derzeit haben wir 90 Stationen, an denen gut 1000 Fahrräder zu leihen sind. Dabei bildet die Innenstadt den Schwerpunkt", sagt Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn in Hamburg. Die DB gewann vor zwei Jahren die Ausschreibung der Stadt und arbeitet jetzt an der zweiten Ausbaustufe des Erfolgsmodells. "Bis Ende des Jahres wollen wir 120 Stationen und 1500 Fahrräder haben", sagt der Bahnsprecher. Allein zwei Servicemitarbeiter sind damit beschäftigt, die neuen Stationen aufzubauen.

Derzeit nutzen rund 98 500 Kunden insgesamt 1200 StadtRäder, hauptsächlich Hamburger Bürger, aber auch Touristen. Knapp 200 Drahtesel stehen meist in der Werkstatt in Hammerbrook, warten auf Reparaturen oder technische Verbesserungen. "Wenn wir Schwachstellen sehen, tauschen wir Einzelteile aus", sagt Werkstattleiter Thomas Jäger. "Anfänglich hatten wir Griffe, die schnell unansehnlich wurden und Reifenmäntel, bei denen das Glasgranulat, das die Stadt im Winter streut, laufend für platte Reifen sorgte. Beide Probleme haben wir mit neuen Produkten lösen können."

Dennoch tauchen noch vereinzelt Räder mit platten Reifen auf. Andere haben abgerissene Ketten, kaputte Schlösser oder andere Defekte. Doch hält sich der Reparaturaufwand in Grenzen. Jäger: "Die Räder sind zwar nicht unkaputtbar, aber sehr, sehr robust. Wir haben fünf bis zehn reparaturbedürftige Räder pro Tag. Wenn man bedenkt, dass jedes StadtRad an Spitzentagen - bei gutem Wetter und besonderen Veranstaltungen - bis zu siebenmal ausgeliehen wird, dann sind die Ausfälle gering."

Den Tagesausleihrekord hält der dritte September 2011 mit 7432 Fahrten. Bleibt ein Leihrad mal auf der Strecke, kann der momentane Besitzer eine Rufnummer wählen, die am Rahmen der Räder steht, und das Gefährt an Ort und Stelle stehen lassen. Ein Servicefahrer sammelt den Liegenbleiber ein. Und liefert die Havaristen immer um 13.15 Uhr, vor Beginn der Spätschicht, in der Werkstatt ab. Die Spätschicht nimmt um 13.30 Uhr die reparierten Räder wieder mit in die Stadt.

Logistische Höchstleistungen sind gefragt, damit möglichst überall dort Räder zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. "Pro Tag müssen durchschnittlich 80 bis 100 Räder bewegt werden", sagt Jäger, es könnten aber auch schon mal 500 werden. "Jedes wiegt 25 Kilogramm - unsere Mitarbeiter sparen das Fitnessstudio." In den Morgenstunden radeln Bewohner nahe der äußeren Stationen mit StadtRad zur Arbeit in die City. Gegen 10 Uhr beginnt das StadtRad-Team von überfüllten Stationen im Stadtkern die verwaisten Entleihpunkte weiter außen wieder zu bestücken. Allerdings gibt es Ausnahmen, etwa die HafenCity. Dort werden die Räder bereits zur Mittagspause stark nachgefragt, viele Angestellte zieht es dann in die Innenstadt.

Abends, wenn die Pendler die Fahrräder in die Wohnbereiche "entführen", achtet das Serviceteam darauf, dass die umweltfreundlichen Verkehrsmittel auch in der Innenstadt noch ausreichend vorhanden sind - schließlich sind diese hier unschlagbar schnell. Auch deshalb hat das StadtRad-Team ein Lasten-Dreirad mit großem Werkzeugkoffer für schnelle, kleine Handgriffe an den City-Stationen.

Dass viele Hamburger die roten StadtRäder längst lieb gewonnen haben, davon ist Jäger überzeugt. Das zeige sich auch daran, dass das Serviceteam kaum mit Vandalismus zu kämpfen habe: "Nicht einmal nach dem Schanzenfest hatten wir Probleme."