Während in Großstädten der Führerschein unwichtiger wird, ist die Zahl Fahrprüfungen im Kreis Pinneberg stabil

Kreis Pinneberg. Keinen Bock auf die Lizenz zum Fahren? Aus deutschen Großstädten wird vermeldet, dass junge Leute zunehmend auf den frühzeitigen Erwerb des Führerscheins verzichten und stattdessen lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Eine Entwicklung, die sich im Kreis Pinneberg nicht in diesem Maße zeigt. Das belegen Zahlen des TÜV über die im Kreisgebiet abgelegten Führerscheinprüfungen. Doch in den Fahrschulen fällt auf, dass - abgesehen vom Führerschein mit 17 für begleitetes Fahren - immer mehr Fahrschüler erst im "gereifteren" Alter von Mitte 20 das Autofahren erlernen.

Sven Bielefeldt, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule mit Sitz in Elmshorn und Barmstedt, hat in den vergangenen Jahren einen leicht abnehmenden Trend bei den Anmeldungen von Fahrschülern festgestellt. Er führt diese Entwicklung auf mehrere Faktoren zurück. Einerseits spiele die rückläufige Geburtenrate eine Rolle, zum anderen sei auch aus finanziellen Gründen längst nicht jeder Jugendliche bereit oder in der Lage, gleich mit 18 Jahren die Lizenz zum Fahren zu erwerben.

Diese Beobachtung hat auch Jens Schmanke, Chef der Fahrschule SPID, gemacht, die in Pinneberg, Rellingen und Appen vertreten ist. Bestes Beispiel für den verspäteten Einstieg ins Autofahrerleben ist seine Kundin Lena Buss, die erst vor wenigen Tagen im Alter von 26 Jahren gleich zweimal die Fahrprüfung ablegte: Einmal für Pkw (Klasse B), dann für Pkw mit Anhänger (Klasse BE). Jetzt ist Lena dabei, auch noch den Motorradführerschein zu machen. Ganz schön fleißig für eine Spätstarterin. Die Gärtnerin hatte bisher nur einen Gabelstaplerschein erworben und durfte in der Baumschule auf Privatgrund auch schon mit dem Trecker umherkurven. "Mit 18 Jahren war ich noch in der Ausbildung und hatte kein Geld, um den Führerschein zu machen", sagt Lena Buss. Ein eigenes Auto will sie sich aber noch nicht leisten. Doch im Beruf wird sie jetzt auch ihre Fahrkunst anwenden können.

Fahrlehrer Schmanke registriert bei manchen Kunden auch eine gewisse Lustlosigkeit: "Da wird erst mit dem Unterricht angefangen und dann später die Ausbildung abgebrochen." Manchmal habe dies aber auch finanzielle Gründe. Kollege Bielefeldt verweist wie auch Schmanke darauf, dass in ländlichen Regionen der Bedarf für Führerschein und Auto schon wegen des geringeren Nahverkehrsangebots größer sei. Auch für Städte mit schlechten Verbindungen nach Hamburg wie Barmstedt und Uetersen treffe dies nach Bebachtung der Fahrlehrer zu.

Gut angenommen wird generell nach Bielefeldts Erfahrung der "Führerschein mit 17" für begleitetes Fahren. "Diese jungen Fahrschüler sind meistens viel motivierter als ältere Kunden", sagt Bielefeldt. Das bestätigt auch TÜV-Regionalleiter Peter Schmidtke. Schmanke hat beobachtet, dass bei den jungen Fahrschülern häufig das gute oder schlechte Vorbild der Eltern eine Rolle spiele. So hört er immer wieder Bemerkungen wie "Mein Vater hält nie bei Stoppschildern".

Allein mit dem Taschengeld-Einkommen ist die Fahrlizenz allerdings kaum zu bezahlen. Die durchschnittlichen Kosten für den Erwerb des Pkw-Führerscheins beziffert Bielefeldt auf 1500 Euro. Allerdings hänge es auch vom Talent des Bewerbers ab, wie lange dieser brauche, um die Prüfungen in Theorie und Praxis zu bewältigen. Bei normal begabten Menschen rechnet Bielefeldt mit 20 bis 25 Fahrstunden Praxisausbildung. Hinzu kommen weitere zwölf Stunden für Sonderfahrten wie im Autobahnverkehr oder bei Dunkelheit.

Die Zahl der im Kreis Pinneberg abgelegten Fahrprüfungen in Theorie und Praxis in den vergangenen Jahren nach Angaben des TÜV: 2007: Theorie: 618, Praxis: 627; 2008: Theorie: 784, Praxis: 747; 2009: Theorie: 786, Praxis: 762; 2010: Theorie: 701, Praxis: 668.

Vom 1. Januar bis 1. September 2010 wurden 607 Theorie- und 521 Praxisprüfungen im Kreis Pinneberg abgelegt. In diesem Jahr gab es bis 1. September 652 Theorie- und 594 Praxisprüfungen.