Jan-Ole Gehrke, Mediendesigner, kam über ein Praktikum an seine Ausbildung

Zum rockigen Sound fliegen ausgeschnittene Buchstaben im Zeitraffer über den roten Teppich und schreiben: "Leck mich! Sale! Jedes T-Shirt 5 Prozent off", wobei die Hand mit der Pinzette noch schnell eine Null hinter die 5 schiebt - 50 Prozent Rabatt. Mehr ist nicht zu sagen in dem kurzen Werbespot, den Jörn Schröder für den Online-Shop "Clear Cut Case" entworfen hat. "Die Zielgruppe ist jung, urban und Streetwear-affin", erklärt der Mediendesigner die saloppe Ansprache.

Für den 33-Jährigen sind solche Aufträge Balsam für die Seele. "Ich mag Animationsgeschichten, die Platz für die eigene Kreativität lassen." Jörn Schröder ist staatlich geprüfter Screendesigner. Über einen Einführungskurs "Mediengestaltung kompakt" an einer Privatschule und ein Praktikum bei einer kleinen Agentur für Mediendesign ist der Realschüler auf seinen Berufswunsch gekommen: "Egal ob Print oder Web, Flash oder Photoshop, ich wollte den Produkten meinen eigenen Stil geben - und Mediendesigner werden."

Zwei Jahre besuchte Jörn die berufliche Medienfachschule G5, blieb aber mit der Agentur in Kontakt und lernte schnell, dass die Praxis meistens ein Mittelweg zwischen den Vorstellungen des Kunden und denen des Designers ist: "Aber der Beruf ist auf jeden Fall abwechslungsreich." Jörn arbeitet selbstständig, hauptsächlich für zwei Internetagenturen und "feuerwehrmäßig" auch für andere Kunden, wie er sagt. Sein Ziel: sich nebenberuflich mehr für den Bereich Bewegtbild zu qualifizieren. "Es ist auch mal schön, weg vom Computer zu kommen."

Unter Bewegtbild versteht die Werbebranche die vielen kurzen Videos, die über Mediatheken, soziale Netzwerke oder Videoportale verbreitet, aber in der Regel offline produziert werden. Der beliebteste Verbreitungskanal ist YouTube, wo laut Branchenmagazin "Werben und Verkaufen" Jugendliche durchschnittlich zwei Stunden pro Woche verbringen und täglich über zwei Milliarden Videos abgerufen werden. Das sind längst nicht mehr nur irgendwelche verpixelten Scherzvideos, sondern professionell gemachte Clips, die speziell auf das Internet zugeschnitten werden.

Vernetzt und interaktiv, kurz und knackig soll die Bewegtbildwerbung sein: Einer Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft zufolge sind Spots optimal, die weniger als 19 Sekunden dauern. Aber wer produziert die kurzweiligen Werbe-Videos? "Das sind häufig Quereinsteiger, die sich das autodidaktisch angeeignet haben", sagt Cora Chinbuah. Als Gründerin und Organisatorin des World Media Festivals, das alljährlich in Hamburg stattfindet, zeichnet sie herausragende Lösungen in Corporate Film, Fernsehen, Web und Print Produktionen aus.

Jörn Schröder hat von dem Studiengang Multimedia Production in Kiel schon viel Gutes gehört. Ebenso habe die Berliner Technische Kunstschule BTK einen sehr guten Ruf. Insgesamt würde der Designer heute ein Studium seiner schulischen Ausbildung vorziehen: "Ein Diplom oder Mastertitel macht sich einfach besser auf der Visitenkarte und ist zudem die Eintrittskarte für die großen Agenturen."

Anders ist das allerdings, wenn man es schafft, einen agentureigenen Ausbildungsplatz zu ergattern. Geht es um Werbefilme, sind vor allem "Mediengestalter Bild und Ton" gefragt: Leute wie Jan-Ole Gehrke. Der 23-Jährige erlernt den Beruf bei der Infected Postproduction GmbH, die zur Markenfilmgruppe gehört. Der Mediengestalter im dritten Lehrjahr hat sich inzwischen auf Motion Graphics spezialisiert, das sind computergesteuerte Effekte. "Das kann eine Internet-Adresse oder ein digitales Element sein, das nachträglich in den Film eingebaut wird."

An manchen Filmabenden mit Freunden ruft Jan-Ole: "Schaut mal, an diesem Spot habe ich mitgewirkt." Die Freunde haben dafür oft nur ein müdes Lächeln übrig. "Es ist für Außenstehende überhaupt nicht erkennbar, wie viel Arbeit hinter so einem Werbefilm steckt." Voll konzentriert und Pixel für Pixel geht Jan-Ole im abgedunkelten Computerraum durch die Produktion. "Es muss perfekt sein." Aber gerade in dieser Perfektion liege der Reiz seines Berufes.

Technisches Interesse und ein Hang zu Medien haben den Abiturienten zu seinem Ausbildungsberuf geführt. Zuvor absolvierte er ein halbjähriges Praktikum in der Markenfilm Produktion: "Da habe ich viele Drehtermine begleitet." Und so den Anfang der Produktionskette kennengelernt. In der Berufsschule lernt er gemeinsam mit Auszubildenden aus dem Rundfunkbereich beispielsweise auch, wie elektronische Berichte für das Fernsehen erstellt werden, und hat auch schon an einem "Viral" mitgewirkt: Das sind die kurzen witzigen Videos, die über das Internet verbreitet werden.