Modedesign kombiniert Handwerk und Kreativität und lässt Raum zum Experimentieren

Das Studium Modedesign an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) bietet Raum zum Experimentieren. Und es steht auch viel Handwerkliches auf dem Stundenplan mit den Modulen Kunst, Labore und Werkstätten, Design und Theorie.

Den Modedesign-Studenten war bei ihrer diesjährigen Modenschau die Aufmerksamkeit ganz besonders sicher. Der Modecampus Armgartstraße der HAW feierte 70-jähriges Bestehen und anlässlich der dreitägigen Veranstaltung wurde für die Modenschau kurzerhand die Armgartstraße gesperrt. Während viele der angehenden Designer ihre Models auf High Heels über den Catwalk schickten, stellte Manuel Hallermeier Model Stephie in ihrem futuristischen Outfit auf Rollschuhe. Ein umgebauter Rasenmäher vervollständigte den Look. "Ich experimentiere gern, und das Ergebnis muss nicht unbedingt tragbar sein. Im Gegenteil. Es ist doch viel interessanter, wenn die Kreativität nicht durch den Rahmen des ,Anziehen-Müssens' eingeengt wird", findet der 23-Jährige.

Tragbar, in Sinne von "damit traut sich auch Otto-Normalverbraucher auf die Straße" müssen die Kleider zwar nicht sein, modenschautauglich aber sehr wohl, betont Dekanin Professor Dorothea Wenzel von der Fakultät Design, Medien und Information. "Die Studenten müssen ihre Outfits so weit entwickeln, dass sie präsentabel sind." Dabei geht es Wenzel zum einen um die kreativen und handwerklichen Schritte von der Idee bis zum fertigen Produkt. Zum anderen darum, den Prozess der Präsentation selbst zu beherrschen. "Modedesigner brauchen eine Bühne, darum ist das professionelle Gestalten einer Modenschau so wichtig für sie." Das aber lasse sich nicht im Unterricht vermitteln, das müsse man erleben. "Hinter den Kulissen jeder Modenschau herrscht anscheinend ein schier unglaubliches Chaos, das aber in Wahrheit einer ausgeklügelten Ordnung folgt. Unzählige Parallelprozesse laufen hier aufs Genauste getaktet ab. Die Studenten lernen, diese komplexen Prozesse eigenverantwortlich zu steuern."

Während Drittsemester Manuel sich "nur" um Stephie kümmern muss, steht Luise Zücker kurz vor ihrem Bachelor und hat gleich mehrere Models in der Show. Mit scharfem Blick mustert sie die Mädchen, zupft hier, ordnet dort und flicht einem dritten Model die Haare aus dem Gesicht. Jedes Detail muss sitzen - und es gibt eine Menge Details in Luises Kollektion.

"Ich habe mich vom Frauenbild des Biedermeier inspirieren lassen und die moderne Verkörperung davon in Barbie gefunden." 150 Barbie-Puppen hat sie auseinandergesägt und zu Oberteilen, Röcken, Accessoires und einem Muff verarbeitet. Das Außergewöhnliche faszinierte sie schon immer. Als sie sich entschied, ihr Talent zum Beruf zu machen, absolvierte sie zunächst eine Schneiderlehre, hatte aber von Anfang an das Studium im Blick. "Mich interessiert die Kombination aus Handwerk und Kreativität", sagt die 27-Jährige. Als nächstes wird sie ihre Kreativität in New York ausleben können, beim Modelabel VPL. "Dort arbeite ich mit an der Kollektion für die Fashion Week."

Sieben Semester sind als Regelstudienzeit bis zum Bachelor vorgesehen. In dieser Zeit durchlaufen die Studenten vier Modulbereiche. Malen und Zeichnen steht bei "Kunst" auf dem Stundenplan; in den "Laboren und Werkstätten" geht es um Schnittentwicklung, Fertigungstechnik, aber auch um den Umgang mit Maschinen und Grafikprogrammen; in "Theorie" werden Kunst- und Kostümgeschichte ebenso durchgenommen wie Kulturphilosophie oder Textilchemie, und im Modul "Design" können die Studenten in diverse Projekte eintauchen. "Das kann das experimentelle Herangehen an Kleidung und Formensprache sein oder auch ein Projekt zu Themen wie Medienillustration oder Fotografie", sagt Professor Peter Erich Seebacher, Leiter des Studiengangs Modedesign.

Die Praxis, das können kleine abgedrehte Designerlabel sein, edle Marken oder die industrielle Fertigung. "Was passt, ist hauptsächlich eine Typfrage", sagt Seebacher und rät seinen Studenten zum Boutiquen-Schnuppern. "Hamburg ist zwar nicht gerade die Modehauptstadt, aber es ist eine Metropole, in der viele große Namen residieren. Also rein in die Läden zum Gucken und Anfassen. Und das bei Prada ebenso wie bei H&M oder Karstadt Sport." Noch besser sei es, die Semesterferien für Praktika zu nutzen, vielleicht sogar bei einer der namhaften Firmen. Das macht sich gut in der Vita.