mit Propst Johann Hinrich Claussen über das Modephänomen öko

Wenn man sich nicht schon so an dieses Wort gewöhnt hätte und wenn es nicht solch ein wichtiges Anliegen bezeichnen würde, müsste einem längst aufgefallen sein, wie hässlich es klingt: "öko". Mit dem langen nöligen Ö am Anfang, dem knäckebrottrockenen K in der Mitte und dem öde unmusikalischen O am Ende, klingt es eher wie ein dänisches Düngemittel, dessen Einsatzgebiete man des unangenehmen Geruchs wegen weiträumig umfahren sollte, als wie die Antwort auf all unsere Überlebensfragen.

Nun aber ist "öko" sehr in Mode. Eifrige Politiker und findige Werbeleute heften das hässliche kleine Wort an fast alles, was es für Geld so zu kaufen gibt. Unendlich vieles - von Brot über Waschmittel, Fernseher und Kühlschränke, bis hin zu Autos und Fernreisen - gibt es jetzt auch in umweltschonender Variante. Es scheint, dass nur die Atomkraftwerke weiterhin ohne diesen Zusatz auskommen müssen. Aber die laufen ja nicht mehr lange.

Alles öko, oder was? Natürlich nicht. Meist ist es bloß eine grünliche Tünche, die den gängigen Konsumartikeln übergestrichen wird und die dem Käufer vorgaukeln soll, er könnte seine vielfältigen spätmodernen Bedürfnisse auch ökologisch ganz korrekt befriedigen. Was leider kaum möglich ist. Wirklich öko wäre nur weniger Konsum, weniger Verzehr und Verkehr. Dafür gibt es ein altes deutsches Wort. Es heißt "Verzicht". In der christlichen Tradition hat es eine große Bedeutung. Leider besitzt es heutzutage keinen Werbewert und lässt sich nicht mehr verkaufen. Das ist bedauerlich, denn freiwilliger Verzicht kann durchaus überraschende Freiräume eröffnen.

Vielleicht sollte man es deshalb mit einem etwas weniger anstrengend klingenden Wort versuchen. Ich habe es bei Joseph Conrad, einem meiner Lieblingsschriftsteller, gefunden. Er hatte tief in die Abgründe des Bösen geschaut und war darüber sehr skeptisch gegenüber allen hochmoralischen Weltrettungsprogrammen geworden. Das einzige, war er noch zu empfehlen wagte, war "restraint", das heißt übersetzt "Zurückhaltung". Der verunsicherte Mensch sollte sich zumindest zurückhalten und sich bemühen, im Laufe seines Lebens möglichst wenig Schaden anzurichten.