Unter dem Motto “wunderbar“ laden 130 Gemeinden zur achten “Nacht der Kirchen Hamburg“ ein. Sie bieten ein buntes Programm für alle Altersstufen. Ob Musik, Theater, Kunst oder Literatur - für jeden Geschmack ist etwas dabei

Literatur

Zurücklehnen und sich ganz auf die Stimme des Vorlesers konzentrieren - die Lesungen in der Christ-König-Kirche in Lokstedt bieten eine ganz besondere Atmosphäre. Seit Jahren wird das Gotteshaus in der Nacht der Kirchen zur Literatur-Kirche. Diesmal ist ein besonderer Krimi-Leckerbissen dabei: Der Hamburger Tierpark wird zur mörderischen Kulisse. In "Grüne Hölle Hagenbeck" von Frank Göhre feiert die feine Gesellschaft sich selbst. Doch dann verschwindet ein Kind, beim Elefantengehege wird eine Leiche gefunden. Für Spannung bei der inszenierten Lesung sorgen die Hörspielsprecher Robert Missler und Tanja Dohse, sowie der Geräuschemacher der "Drei ???".

Einen Pubführer der etwas anderen Art stellt Matthias Politycki in seinem schwarzhumorigen Buch "London für Helden" vor und der Literaturwissenschaftler Leonhard Fuest entdeckt in der dritten Lesung anhand französischer Dichter und Denker Paris, die Stadt der Liebe, ganz neu. Den bekannten Liedermacher und Dichter Wolf Biermann können Besucher in der Schwedischen Gustaf-Adolf-Kirche in der Neustadt erleben. Gemeinsam mit der Musikprofessorin Elisabeth Bengtson-Opitz wird er deutsch-schwedische Texte vortragen, die untermalt werden von den Sängern des Winga-Quartett.

Christ-König-Kirche, Bei der Lutherbuche 36, ab 19 Uhr. Schwedische Gustaf-Adolf-Kirche, Ditmar-Koel-Straße 36, ab 18 Uhr.

Spiritualität

Wer auf der Suche nach Spiritualität und Einkehr ist, kann eine wahrhaft mystische Nacht mit Meister Eckhart (1260-1328) in der St.-Sophien-Kirche in Barmbek erleben. Bereits zum siebten Mal werden Texte des Dominikaners, der Professor, Prediger, und Schriftsteller war, verlesen und erklärt. Dazu gibt es wie immer einen besonderen Programmpunkt, diesmal unter dem Motto: "Selig, die in der Seele barfuß sind". "Für uns ist Meister Eckhart mit seinem Leben und seinen Predigten ein guter ,Öffner', mit dem wir die göttliche Wirklichkeit uns und anderen eröffnen. Wir laden Menschen ein, sich einzulassen auf das, was uns bewegt, und verbinden Tradition und Innovation glaubensästhetisch in der liturgischen Mystischen Nacht", sagt Organisator Pater Thomas Krauth. Eingerahmt werden die Werke des Mystikers von einer gesungenen Vesper mit Weihrauchritus, musikalische Improvisationen und die eucharistische Anbetung. Es folgt die gesungene Komplet mit Lucernarium und Weihrauchritus. Höhepunkt und Abschluss ist der sakramentale Segen als göttliche Trost-Spende.

Nicht weniger stimmungsvoll und sehr ungewöhnlich ist die "Nacht der Flammen" auf dem Friedhof Bramfeld , auf dem stündlich Führungen angeboten werden. 100 Flammschalen werden auf dem uralten Gelände verteilt stehen, Besucher können darauf umher wandeln. Untermalt wird diese geheimnisvolle Atmosphäre von mystischer Musik und Lesungen neben den Gräbern.

St. Sophien, Weidestr./Ecke Elsastr. 46, ab 19 Uhr.

Friedhof Bramfeld, Berner Chaussee 50-56, ab 19 Uhr

Theater

Stellen Sie sich vor: es ist ein ganz normaler Sonntagmorgen, zehn Uhr, die Gemeinde hat sich zum Gottesdienst versammelt, die Glocken sind verklungen und alles wartet auf den Pastor. Doch der kommt einfach nicht. Es ist zehn nach zehn - und den Menschen wird klar, jetzt müssen sie selber ran. Spontan machen eine Großmutter, ein Liebespärchen, ein Fußballfan, ein Posaunist und andere die Kirche zu ihrer Bühne. Und der Gottesdienst ist ein Erfolg. Da vermisst niemand mehr die Kirchenprofis. Das Musical "10 nach 10 - 20 Songs für ein Hallelujah" in der Heilandskirche in Uhlenhorst verspricht eine pop-musikalische Reise zum Herrn. So schafft Regisseurin Nora Bey ein Kirchenerlebnis der ganz besonderen Art.

Ernster geht es in der Kirche von St. Marien Bergedorf bei Ute Meisters Stück "Wir sind das Volk!" zu. Die Theatergruppe Zarrentin führt ein Schauspiel in fünf Akten vor. Es geht zum Teil um die eigene Geschichte der Laiendarsteller, um die 50 Jahre nach dem Mauerbau und um die 20 Jahre nach dem Fall der Mauer. Autorin und Regisseurin Ute Meister bewegt die Entschlossenheit des deutschen Volkes heute noch. Sie möchte deshalb anderen vor allem zeigen, "dass zur Verwirklichung eines demokratischen Zusammenlebens Haltung und Handlung des Einzelnen entscheidend sind."

Heilandskirche, Winterhuder Weg 132, 19 und 22 Uhr

St. Marien Bergedorf, Reinbeker Weg/Sichter, um 20.30 Uhr

Comedy

Die Staatspleite Griechenlands, persönliche Schicksalsschläge, Fleischgelüste und nervige Nachbarn - das deutsch-griechischen Kabarettduo "die Egoisten" liebt humoristische Abgründe. Gemeinsam mit vier weiteren Comedians treten sie in der Kreuzkirche in Barmbek-Süd auf. Am 17. September ist dort die Comedy-Kirche, die noch ein weiteres Zweierpack präsentiert: Lotta und Geli gehören schon fast zur Stammbesetzung in der Nacht der Kirchen. Die beiden norddeutschen Mädels mögen es gern schräg und schrill und präsentieren ein frivoles und Programm aus Stehgreif-Performance und selbstverfassten Liedern.

Sogar illustre Persönlichkeiten wie Udo Lindenberg, Kaiser Franz und Jogi Löw sind mit von der Partie - wenn auch verkörpert in nur einer Person. Stand-Up Comedian und Stimmenparodist Thorsten Bär imitiert mehr als 20 Prominente und schickt sie auf eine Reise der etwas anderen Art in die ferne Südsee. Der gebürtige Hesse lebt in Hamburg und präsentiert monatlich als Moderator und Gastgeber zwei Comedians im "Comedy Club" des Harbuger Stellwerks. 2010 war Bär Gewinner des "NDR Comedy Contest" und bastelt ständig an seiner eigenen Show. Internationales Flair bringt der Däne Anders Bonde in die Kirche. In seinem Heimatland schrieb er für zahlreiche Comedy-Shows, moderierte im Radio und Fernsehen. Der vierte im Bunde, Dittmar Bachmann, ist ein wahres Mulitalent. Er philosophiert über die Absurdität des Alltags, bietet rasante Tanzeinlagen und singt noch dazu.

Kreuzkirche, Wohldorfer Str. 33, ab 20.15 Uhr

Musik

Sie ist die emotionalste Form sich auszudrücken und seinen Glauben zu bekräftigen - Musik. Deshalb füllt die Nacht der Kirchen die steinernen Gewölbe der Häuser Gottes auch dieses Jahr wieder mit Klängen der unterschiedlichsten Stilrichtungen. Eine feste Institution ist die Songwriter-Kirche - Starke Frauen in St. Gertrud (Uhlenhorst). Trotz eher mäßigem Sonnenschein dieses Jahr bringt die Band SWiM mit ihrer alternativen Pop-Rock-Musik eine Ahnung von Sommer in die Kirche. Sarah Howe, musikalisches Multitalent mit englisch-indischen Wurzeln, erzählt mit ihren Kompositionen vom ewigen Auf und Ab der Liebe. Die Wahlhamburgerin Cate Evens garantiert mit ihren gefühlvollen Rocksongs Gänsehautfeeling und die israelische Künstlerin Noam Vazana spielt Posaune und Klavier - manchmal sogar gleichzeitig.

Im St. Marien-Dom in St. Georg wird der große musikalische Bogen geschlagen: Dort können Zuhörer sowohl klassische Orgelmusik von Lizst und Bach, als auch populären Jazz von Louis Armstrong genießen, den die bekannte NDR-Bigband unter dem Motto "What a Wonderful World" präsentiert.

Mittreißende Rhythmen und Melodien, die das Herz berühren, gibt es im Afrikanischen Zentrum der Erlöserkirche Borgfelde bei der dritten African Song and Prayer Night. Die afrikanischen Gastgeber laden dazu ein, in ihre Kultur, ihren Glauben und ihre Lebensfreude einzutauchen. So kommen in der Nacht der Kirchen die verschiedensten Nationalitäten auf demselben Fundament zusammen - um es mit den Worten Noam Vazanas aszudrücken: "Was ist Musik, wenn nicht die Sprache der ultimativen Freiheit?".

St. Gertrud-Kirche, Immenhof, ab 21 Uhr, St. Marien-Dom, Danziger Str. 60, ab 20 Uhr, Erlöserkirche Borgfelde, Jungestr. 7a, ab 18.30 Uhr

Mitmachen

Lust auf eine spontane Jamsession? Alle, die Posaune, Trompete oder ein anderes Blechinstrument spielen, können beim zweiten Hamburger Brassalong um 20 Uhr in der Europa-Passage mitmachen. Nach einem kurzen Einblasen spielen die Blechbläser unter der Anleitung der Kantorin Petra Müller alles, was Spaß macht: Choräle, Lieder und Jazziges. Interessierte sollten neben ihrem Instrument auch einen Notenständer, sowie das Bläserheft 2011 ( www.zeichendeinerliebe.de ) und das Posaunenchoralbuch mitbringen.

Begeisterte Sängerinnen und Sänger können sich eine Stunde später beim Singalong für Chöre beteiligen. Begleitet von einem Klavier wird Kantorin Petra Müller mit dem Chor vierstimmige Liedern von Mendelssohn, Händel oder Bach einüben. Noten dafür gibt es unter www.ndkh.de .

Wer Kirchenmusik mit allen Sinnen erleben möchte, der kann bei der "Werkstatt Kirchenmusik" in der St. Markuskirche in Hoheluft mitmachen - Psalmen hören und mitsingen oder auch ein Gesprächskonzert auf der Orgelempore erleben.

Europa-Passage, Ballindamm 40, um 20 Uhr Brassalong, 21 Uhr Singalong. St. Markus, Heider Str. 1, ab 18.30 Uhr

Filme

Eine wunderbare und auch wundersame Kinonacht verspricht das Programm der St. Johannis-Kirche in Harvestehude. Unter dem Motto: "Triologie der Wunder" laufen auf einer neun-mal-sechs Meter großen Leinwand drei Dokumentationen, die sich mit dem Wunder der Natur, des Glaubens und der Technik beschäftigen. "Die Filme passen perfekt zum Thema der Nacht. Wir wollen damit zeigen, dass man Spiritualität auch auf visuelle Art erleben kann. Vor allem Baraka ist ein religiöses Erlebnis", verspricht der Organisator und Kirchenmusiker der Gemeinde Christopher Bender.

"Baraka" ist ein non-verbaler, experimenteller Dokumentarfilm von Ron Fricke, der atemberaubende Bilder und berauschende Klänge von spirituellen Orten zeigt. Der Titel bedeutet so viel wie "Atem des Lebens" und ist eine kaleidoskopartige Zusammenstellung sowohl von Naturschauspielen als auch vom Schicksal, Leben und Treiben des Menschen auf seinem Heimatplaneten Erde. Fricke war zuvor Kameramann bei "Koyaanisqatsi" gewesen, Parallelen zu dem Kult-Film werden deutlich.

Im Film "Fazination Natur" hat Regisseur Gogol Lobmayr eine Hymne an Landschaften der Erde entworfen. Lobmayr reiste durch alle fünf Kontinente und die Antarktis und fand Bilder von zauberhafter Schönheit und großer Ästhetik: beispielsweise bizarre Felsformationen in den USA oder üppige Vegetation in der Südsee.

In "Highway World" von Martin Hans Schmitt begibt der Zuschauer sich auf eine Fahrt durch gigantische Autobahnwelten von Afrika bis Asien. Straßenansichten, Verkehrsströme und Autobahnkreuze der vergangenen 100 Jahre erzeugen eine Ästhetik der Moderne. "Meditativ, surreal, wie ein rauschhafter Trip", fasst Bender diesen Film zusammen.

St. Johannis, Heimhuder Straße 92, ab 19 Uhr.

Transport

Kirchenbesucher können in der Nacht der Kirchen einen kostenlosen Bus- und Fährenservice nutzen.

Mit Livemusik untermalt fahren von 18 bis 24 Uhr die Alsterschiffe zu den Kirchen. Los geht es um 18 Uhr bis 23 Uhr vom Jungfernstieg (immer um :00, :20 und :40) in Richtung Winterhuder Fährhaus (ab dort: 19 Uhr - 24 Uhr immer um :00, :20 und :40) über die Anlegestellen Atlantic/Volksfürsorge (hin :06, :26 und :46, zurück :44, :04 und :24), Mundsburger Brücke (hin :16, :36 und :56, zurück :34, :54 und :04), Fährdamm (hin :26, :46 und :06, zurück :24, :44 und :04), Mühlenkamp (hin :33, :53 und :13, zurück :17, :36 und :57) und Krugkoppelbrücke (hin :40, :00 und :20, zurück :10, :30 und :40)).

An den Anlegestellen Mundsburger Brücke, Mühlenkamp, Krugkoppelbrücke und Fährdamm gibt es kostenlose Großraumtaxis zu St. Gertrud, Heilandskirche, St. Nikolai und St. Johannis.

Die Bus-Sonderlinie "Nacht der Kirchen" fährt die Gotteshäuser der Vier- und Marschlande an. Ab 18:32 geht es vom Bahnhof Bergedorf (dann um :32 und :02) in Richtung St.-Nikolai-Kirche, Haltestelle Schule Altengamme (hin und zurück um :07 und :37) über St. Johannis Curslack, Haltestelle Rieckweg (hin :44 und :14, zurück :28 und :58) und St. Johannis Neuengamme, Haltestelle Neuengamme (hin :47 und :17, zurück :25 und :55) und St. Severini-Kirche, Haltestelle Kirchwerder (hin :53 und :23, zurück :19 und :49).